In Zukunft soll mir niemand mehr solche Schwierigkeiten bereiten. Denn ich trage die Zeichen Jesu an meinem Leib. (Galater 6,17 nach der Einheitsübersetzung)

Die Schwierigkeiten von denen Paulus hier spricht sind natürlich die Probleme, die ihm die Gemeinden machen. Aber was sind es für “Zeichen Jesu” oder “Malzeichen” von denen er hier spricht? Das griechische Wort ist „Stigmata“. Im modernen Sprachgebrauch heißt jemand stigmatisiert, an dem sich auf geheimnisvolle Weise die Wundmale Jesu zeigen. Bei besonders mystisch veranlagten Personen scheint das gelegentlich vorzukommen; als erstem bei Franz von Assisi und seitdem bei wenigen hundert Menschen überhaupt. Man weiss aber bis heute nicht, ob das etwas geistliches oder gar positives ist, oder ob es sogar etwas dämonisches ist. Ich bin aber sicher, dass Paulus nicht in dieser Weise „stigmatisiert“ war, das hätte man bestimmt genauer überliefert.

Stigma bedeutet übersetzt „Mal“, und zwar besonders ein Brandmal, eine Narbe oder auch eine Tätowierung. Bei den ersten Christen waren Tätowierungen üblich, bis sie 400 von Kaiser Konstantin verboten wurden.
Es könnte also sein, dass Paulus hier im wahrsten Sinne des Wortes eine Markierung in Form einer Tätowierung, die zeigte, dass er Christus gehört, meinte.
Zu dieser Zeit liess man sich nicht tätowieren weil es cool aussieht. Vermutlich sahen die Tattoos auch nicht besonders gut aus. Man brachte mit ihnen seine Loyalität zum Ausdruck. Insbesondere gab es im römischen Reich drei Menschengruppen, die tätowiert waren: Sklaven (um zu zeigen, wem sie gehörten), Menschen, die zu einem besonderen Dienst an Gott geweiht waren (z.B. in einem Tempel) und Soldaten (die oft das SPQR des römischen Reiches tätowiert hatten). Alle drei Gründe findet man in den Briefen des Paulus immer wieder, er sah sich als Geweihten, als Soldaten und als Sklaven Christi. Es ist also gut möglich, dass er hier auf seine Tätowierungen anspielte.

Eine andere gute Auslegung wäre es, dass Paulus die Narben, die er im Dienst an Christus bekommen hat, als bleibendes Kennzeichen seiner radikalen Christusnachfolge angesehen hat, Zeichen, die ebenso endgültig waren wie Tätowierungen.
In 2. Korinther 11,16-33 berichtet Paulus einige von seinen Leidenserfahrungen. Dieser Brief wurde (wahrscheinlich) später geschrieben als der Galaterbrief, aber wir können wohl davon ausgehen, dass der Apostel schon vorher eine Menge Narben hatte.

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5 Kommentare

  1. Ich tendiere zur „Narben“-Auslegung, vielleicht, weil ich Tatoos nicht mag (so wie ich Wassermelonen nicht leiden kann).
    2. Korinther 4, 8-12, vor allem 10, könnte wiederum eher auf eine ständige und behindernde Einschränkung hindeuten, die über (verheilte) Narben hinausgeht.

  2. hmm. Ich tendiere auch eher zur 2. Auslegeversion, „Paulus ist von seinem Dienst sichtlich gezeichnet.“

    Gibts eigentlich Quellen dafür, dass die ersten Christen oft tätowiert waren, bis es um 400 verboten wurde?

    Zu Konstantin:
    Damit kannst du entweder nicht Konstantin den Großen meinen (*zwischen 272 und 285 – gest. 337), oder deine Jahreszahl „um 400“ ist falsch.
    Konstantin war einer von den Kaisern, die die Christenverfolgerei beendete und es als Religion anerkannte – mit dem Toleranzedikt von Mailand (313), welches an das Toleranzedikt von Nikomedia anknüpft (311, Kaiser Galerius).

    Zur Staatsreligion wurde das Christentum mehr oder weniger erst unter Theodosius, so um 390 rum.

  3. oh, und natürlich, das hatte ich ganz vergessen:

    Heutzutage ist es unter syrischen Christen völlig normal, tätowiert zu sein. Ich glaub, unter ägyptischen auch.
    Da bekommt man schon als Baby ein Kreuz an die Hand oder das Handgelenk tätowiert.
    Dies dient dazu, dass man nicht zum Islam einfach so zwangskonvertiert werden kann – man ist damit als Christ geoutet. Also auch eher eine „Stigmatisierung“.
    Ich kenne einen syrischen Christen mit eben solcher Tätowierung. Der hat mir das so erklärt.

  4. @ micha: ich suche noch quellen, wenn du über eine stolperst sag es mir bitte.

    @ gjm: wieso magst du keine tattoos? die sind doch toll. vielleicht mag ich aber auch gerade deswegen die tattoo-variante weil ich selber tätowiert bin.

  5. @storch: na eben sao, wie ich keine wassermelonen mag. einfach reine geschmackssache. der eine findet schifahren toll, der andere nicht. der eine mag die beatles, der andere nicht. der storch mag tatoos, der günter nicht.

    🙂

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