13. Februar 2008 12

geht es noch, Herr Williams?

Bei jesus.de (und später auch noch bei der Tagesschau) las ich, dass der Erzbischof von Canterbury, Rowan Williams, sich dafür aussprach, dass Muslime in manchen Fällen muslimisches Recht statt britischem Recht wählen können sollten. Da das britische Recht natürlich auf britischen Werten basiert, die für in Großbritannien lebende Muslime unter Umständen nicht nachvollziehbar seien, hält Williams es für besser, in manchen Fällen frei zu stellen, ob etwas nach britischem Recht oder nach der Sharia verurteilt wird. Das träfe besonders bei Ehe- oder Finanzstreitigkeiten zu.

Natürlich lehnt Williams Bestrafungen wie Steinigung, lebendiges Begraben oder das Abhacken von Körperteilen ab. Aber schon die Vorstellung, dass ein „christlicher“ Geistlicher dafür eintritt, islamisches Recht zuzulassen finde ich schauderhaft. Bislang habe ich Integration immer so verstanden, dass man sich bemüht, Angehörige anderer Volksgruppen aufzunehmen, nicht dass man sich bemüht, ihnen Enklaven zu schaffen in denen sie so leben können, wie sie es gewohnt sind. Die Vermischung von Staat und Kirche ist ohnehin eine gefährliche Sache, auch bei den Themen „Recht und Religion“. Aber wenn ihm das schon am Herzen liegt, warum tritt er dann für islamische und nicht für christliche Werte und Normen ein?

Ich bin froh zu lesen, dass das statement, ausser bei islamischen Organisationen, in erster Linie Unmut hervorgerufen hat. Sei es von Kirchenvertretern oder Politikern kam in erster Linie Gegenwind. Wie kann man aber auch ernsthaft zweierlei Recht in einem Land fordern? Egal welcher Minderheit ein Bürger angehört, wenn er in einem Land wohnt muss er sich auch an die Gesetze des Landes halten. Wenn jeder nach seinem eigenen oder dem Wertesystem der Gruppe zu der er gehört, gerichtet wird, dann gibt es wohl ein heilloses Chaos.
Mir ist es echt peinlich, dass solche Vorschläge ausgerechnet aus der Gruppe kommen, der ich mich zugehörig fühle.

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12 Kommentare

  1. Ich nehme an, dass Herr Williams ein Einzelfall ist. Oder doch nicht? Er hat nämlich, eigenem Bekunden zufolge, den Auftrag der Kirche neu definiert: »Aber ich hoffe, nach der Aufregung geht es um das Wesentliche, nämlich wie Religion und Gesetze sinnvoll miteinander verzahnt werden können. Zum Frieden und Wohlbefinden aller. Das ist die entscheidende Frage und damit Aufgabe der Kirche in der heutigen Zeit.«
    Frieden und Wohlbefinden aller statt Evengelium. Schöne Aufgabe, aber nicht das, was Jesus seiner Kirche als Auftrag genannt hat. Und den hat – leider – nicht nur Herr Williams etwas aus den Augen verloren…

  2. Irgendwie geht mit dem Trackback nicht,
    Egal, sieh selbst: http://theo-blogie.blogspot.com/2008/02/scharia-fr-alle.html

  3. warum in die ferne schweifen, den das schlechte liegt so nah :

    http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,472849,00.html

  4. das ist mal eine böse geschichte, andichrist. geht ja wohl gar nicht so was.

  5. Ich fänd´s klasse – dann könnte ich endlich mit 250 Sachen und 0,8 Promille über eine portugiesische Autobahn brettern, wo nur 120km/h und 0,5 Promille erlaubt sind und mich dann bei einer Kontrolle auf deutsches Recht berufen!
    Dumm nur, dass ich gar kein Alk trinke und mein Jeep nur wenig mehr als 120 schafft…

    Tja Leute – man denkt, man ist im falschen Film, aber das kommt alles noch viel dicker. Muslimischer Fundamentalismus und christl. getarnte Fundamentlosigkeit – hochbrisant das…

  6. …villeicht hat dem armen Bischof aber auch die Gesellschaft für Weltislamisierung mit der Veröffentlichung gewisser Fotos gedroht, auf denen er mit seiner Haushälterin oder minderjährigen Messdienern zu sehen ist – man weiß es nicht…

  7. Das mit den unterschiedlichen Regelungen für unterschiedliche Gruppen ist nicht so abwegig. So hatten zB die Juden im Römischen Reich eine gewisse – auch juristische – Autonomie. Paulus hat das öfter negativ zu spüren bekommen (2. Kor. 11,24). Aber im Prinzip war das keine schlechte Sache, dass die Juden die Möglichkeit hatten, ihre eigenen Gesetze anzuwenden. Also, es ist nicht von vornherein eine Schnapsidee. Ob das heute die richtige Lösung wäre, ist eine andere Frage.

  8. Ich bin auch für intergration und meinungsfreiheit, aber dazu gehört es schon das islamisten sich auf unser land und unsere kultur einlassen

  9. @ bento: da gehen wir mal nicht von aus.

    @ walter: der unterschied war, dass die römer das land besetzten und den besetzten gebieten freiheit einräumten. da ging es nicht um integration.

  10. http://kester.typepad.com/signs/ in signs of emergence kommentiert das. Außerdem verlinkt er zu dem Text, den der archbishop Wort für Wort gesagt hat:http://www.guardian.co.uk/uk/2008/feb/07/religion.world2

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