10. Juli 2007 16

Der Sauerteig der Lehre

Jesus sprach über Lehre die wie Sauerteig wirkt und warnte seine Jünger insbesondere vor zwei Lehren:

Da verstanden sie, daß er nicht gemeint hatte, sie sollten sich vor dem Sauerteig hüten, mit dem man Brot backt, sondern vor der Lehre der Pharisäer und Sadduzäer. Als Jesus in das Gebiet von Cäsarea Philippi kam, fragte er seine Jünger: Für wen halten die Leute den Menschensohn? (Matthäus 16,12-13, Einheit)

Der Sauerteig der Pharisäer ist leicht auszulegen. Es handelt sich um Gesetzlichkeit. Die Pharisäer waren dafür bekannt, dass sie dem Buchstaben des Gesetzes minutiös folgten, darüber aber den Geist des Gesetzes verpassten. Sie hatten eine Art mit dem Wort umzugehen, der nicht dazu führte dass sie sich veränderten und ein Leben zur Ehre Gottes führten. Ihr ganzes Wortstudium und alle Mühe die sie auf das Befolgen der Schriften legten brachte sie Gott nicht näher und führte nicht dazu dass sie ein erfülltes Leben führten. Ihre Auslegung des Wortes war so nah am Buchstaben, dass sie dem was Gott eigentlich sagen wollten permanent Gewalt antaten.
So legten sich Pharisäer am Sabbat einen Beutel mit Wasser auf ihren Esel weil man am Sabbat nicht reisen durfte – ausser auf dem Wasser. Die Erlaubnis des Gesetzes zur Ehescheidung (5.Mose 24,1) wurde teilweise sehr weit ausgelegt. Im Original heisst es: Wenn ein Mann eine Frau geheiratet hat und ihr Ehemann geworden ist, sie ihm dann aber nicht gefällt, weil er an ihr etwas Anstößiges entdeckt, wenn er ihr dann eine Scheidungsurkunde ausstellt, sie ihr übergibt und sie aus seinem Haus fortschickt.

„Etwas Anstössiges“ konnte nach Meinung mancher Pharisäer sein, „wenn eine Frau das Essen versalzen hatte, wenn sie sich öffentlich ohne Kopfbedeckung hatte sehen lassen, wenn sie mit Männern auf der Strasse gesprochen hatte, wenn sie zänkisch war oder in Gegenwart ihres Mannes unerbietig von ihren Schwiegereltern sprach, wenn sie ein unangenehmes, streitsüchtiges Wesen besaß. Ein gewisser Rabbi Akiba behauptete, der Ausdruck „wenn sie ihm dann aber nicht gefällt“ bedeute, dass sich ein Mann von seiner Frau scheiden lassen könne, wenn er einer Frau begegne die ihm attraktiver erscheint als seine eigene.“ (William Barclay, Auslegung des Neuen Testaments zu Matthäus 5,31-32).
Gerade mit dieser aberwitzigen Auslegung des Alten Testamentes räumt Jesus gründlich auf und rückt die Dinge wieder ins rechte Licht. Insgesamt ist es interessant nachzuforschen wie oft Jesus in seinen Predigten gegen diesen Sauerteig der Pharisäer spricht und die falsche Lehrauffassung dieser Schule bloßstellt.

Die Warnung ist auch für uns hochaktuell: dem reinen Buchstaben zu folgen, dabei aber das Wort so zu verbiegen, dass es uns in den Kram passt und nicht zu unserem Herzen durchdringt ist ein Unding. Wir dürfen nie vergessen, dass der Buchstabe tötet, der Geist aber lebendig macht (2.Korinther 3,6), und dass erst dann Leben fliesst wenn der Heilige Geist selbst uns das Wort aufschliesst.
Manche Theologen unterscheiden genau zwischen rhema und logos, zwei griechischen Worten, die beide mit „Wort“ übersetzt werden können. Dabei ist logos Gottes Zeit und Raum übergreifendes Wort, das in der Bibel niedergelegt und offenbart ist. Das Wort, an dem sich in Ewigkeit nichts ändert. Rhema ist hingegen das Wort, das direkt in eine Situation hineinspricht und uns durchs Herz geht (Apostelgeschichte 2,37). Das Wort wird erst lebendig wenn logos zum rhema wird.

Gesetzlichkeit ist ein so falscher Umgang mit dem Wort, dass es nicht mehr möglich ist dass logos zu rhema wird und Gottes Wort das tut, wozu es gesandt ist. Es kommt nie darauf an einfach das Wort umzusetzen weil es so geschrieben steht. Es geht darum, dass uns Christus im Wort begegnet und wir aus Liebe zu ihm das tun, was er uns aufträgt. Alles andere widerspricht zutiefst dem Grundgedanken göttlicher Offenbarung.

Der Sauerteig der Sadduzäer ist schon schwieriger zu verstehen. Die Sadduzäer sind weniger oft beschrieben als die Pharisäer, scheinbar hatte Jesus weniger Ärger mit ihnen. Bei den Sadduzäern handelte es sich ebenso wie bei den Pharisäern um eine jüdische Sekte. Sie waren zahlenmässig kleiner als die Pharisäer, hatten aber mehr politischen Einfluss und stellten den Hohenpriester. Das Neue Testament zeigt, dass sie nicht an die Auferstehung der Toten glaubten, eine Theologie die Jesus in Matthäus 22 als falsch entlarvt. Politisch waren sie Kollaborateure die sich nicht scheuten mit der römischen Besatzungsmacht zusammenzuarbeiten wenn sich dadurch Vorteile für sie ergaben.

Für mich sind die Sadduzäer typische Weltmenschen, die keine Hoffnung im Jenseits haben und deswegen alles aus diesem Leben herausholen müssen was irgendwie geht. Die Warnung Jesu gilt also einer übertriebenen Diesseitsorientierung. Wer nur für diese Welt lebt und keinen Anker in Gottes Reich hat, der wird nie dahin kommen, dass Jesus und Gottes Wort seine Nummer eins im Leben sind. Eine der Grundtatsachen des christlichen Glaubens ist, dass Gottes Welt unserer Welt überlegen ist. Sein Reich ist nicht nur unser Auftrag sondern auch unser Heimatland. Wir sind nicht in erster Linie für diese Welt geschaffen und sollten deshalb aufpassen wenn diese Welt unseren Hauptfokus darstellt.

Lehre ist immer Sauerteig
Neben diesen wichtigen Warnungen zeigt uns Matthäus 16 ein Charakteristikum, dass jeder Lehre gemeinsam ist: sie wirkt wie Sauerteig. Wer einmal Brot gebacken hat weiss, dass ein wenig Sauerteig unter viel anderem Teig reicht um den ganzen Teig zu durchsäuern. Er weiss aber auch, dass es eine Weile dauert, bis das passiert ist. Manchmal muss man den Teig einige Stunden abgedeckt stehen lassen, bis der Sauerteig alles durchsäuert hat.

Genauso reicht eine Lehre um den ganzen Menschen und seinen Glauben zu durchdringen. Aber sie braucht dazu Zeit. Viele Christen stellen sich die Veränderung des Denkens zu einfach vor und sie rechnen einfach nicht damit, dass sie einiges an Zeit investieren müssen in der die Lehre „zieht“. Dieses Prinzip gilt für gefährliche Lehren wie den Sauerteig der Pharisäer und Sadduzäer ebenso wie für gute Lehre über Gottes Reich, Heilung, Versorgung, das Evangelium usw. Es dauert Zeit bis diese Lehren in unserem Leben volle Wirksamkeit zeigen.

Die Zeit die unser Denken zum durchsäuern braucht ist gut einegsetzte Zeit. Sie ist aber auch harte Zeit in der unsere Geduld auf die Probe gestellt wird. Anders als bei natürlichem Sauerteig in einem Teig reicht es nicht, einmal eine Predigt gehört zu haben sondern es ist wichtig, dass wir während der Zeit der Durchsäuerung unseren Fokus behalten und unser Denken immer wieder mit dem Wort füttern.

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15 Kommentare

  1. Zu deinem letzten Satz möchte ich grad noch was sagen 😉
    Man kann hierzu eine Parallele zu dem Manna im AT ziehen. Das Volk Israel sollte auch nicht vorrätig sammeln, sondern nur für jeden einzelnen Tag. Genauso ist das im christlichen Leben: Es reicht nicht einmal die Woche, vllt. am Sonntag etwas aus Gottes Wort zu hören, sondern man muss am besten jeden Tag etwas lesen, hören, quasi etwas geistliches „zu sich nehmen“.

  2. Danke, storch, für deine Ermutigung zur Geduld. Die habe ich (siehe meinen Post vom Montag) längst nicht immer – weder mit mir noch mit der Gemeinde. Und manchmal geht einfach vor lauter Warten die Sehnsucht und Leidenschaft den Bach runter und übrig bleibt Traurigkeit und Unverständnis Gott gegenüber – kommen seine Worte wirklich nicht leer zurück? Das ist manchmal eine echte Anfechtung.

  3. hi wegbegleiter,
    ich habe da gerade mal auf deinem blog zu kommentiert. deshalb schreibe ich hier jetzt nichts mehr.

  4. sehr guter eintrag. passt mal wieder in das, was mich sowieso grad beschäftigt…

    ich glaube, dass man vor allem bei den typischen theologischen streitthemen echt aufpassen muss, dass man nicht absolute positionen bezieht aufgrund von logos-interpretationen. natürlich hilft eine auseinandersetzung mit einem bestimmten thema auf der basis dessen, was die bibel sagt, aber letztendlich bestimmen doch erst diese worte wenn sie rhema werden, was für mich in einer bestimmten situation gilt. ich denke hier zum beispiel an die frauen-lehre-sache. ich bin irgendwann in der auseinandersetzung mit dem thema dahin gekommen, dass biblisch sich eine pro und eine contra position begründen lassen. klarheit hatte ich erst, als gott mir immer wieder neu aufgetragen hat zu predigen, obwohl ich bereit gewesen wäre das aufzuhören, wenn es nicht sein wille ist. und jetzt bekomme ich ab und zu nachrichten von irgendwelchen lieben brüdern im herrn, die meinen mich retten zu müssen und mir versuchen in unzähligen argumentationen klar zu machen, dass ich doch bitte nicht predigen soll. aber das tangiert mich gar nicht, weil nämlich der jesus-will-dass-ich-predige-sauerteig sich dermaßen in mir breit gemacht hat, dass es keinen zweifel mehr gibt. rhema plus zeit eben.

    es gibt noch paar so themen wo es mir ähnlich ging, aber ich will ja keinen roman schreiben, so bleibt es wiedermal beim ausgelutschten frauen-beispiel…. mir fallen grad ungefähr noch 500 kommentare zu dem sauerteig-thema ein, aber vielleicht lass ich es einfach und poste ein paar davon demnächst bei mir im blog… 🙂

  5. danke für den kommentar, rabbi. das frauenthema sehe ich genauso, auch wenn ich bekanntermassen pro bin. theologie entscheidet sich letztlich nicht allein am logos sondern mindesstens ebenso sehr am rhema. das rhema lässt sich am logos messen, aber auf logos allein kann man keine theologie aufbauen – zumindest keine in der leben drin ist.

  6. Heute hab ich noch in Lukas 13 gelesen, dass Jesus das Reich Gottes mit dem Sauerteig verglichen hat. Davor steht ja der Vergleich mit dem Senfkorn, also bedeutet das ja wohl, dass auch ein kleines Zeugnis, eine kleine Tat der Nächstenliebe etc. große Folgen haben muss. Was ich für das Reich Gottes tue, wird sich fortpflanzen und Auswirkungen auf die Umwelt und die Mitmenschen haben. Ich finde, das ist eine krasse Aussage, denn oft kommt es mir nicht so vor, als ob meine Taten so weitreichende Folgen hätten. Aber andererseits schafft es auch Glauben, denn dann muss ich ja nicht mehr denken „Ach nö, das ist so unwichtig, was ich jetzt von Jesus erzählen könnte / was ich jetzt für Gott tun könnte, das hilft sowieso niemandem was…“, weil ich ja davon ausgehen kann, dass alles automatisch irgendwann irgendwelche Früchte bringen wird.

  7. Matthäus 13,33-35

    33.Man kann das Land,wo Gott das Sagen hat,auch mit einem Hefeteig vergleichen,mit dem eine Frau eine Pizza machen will.Sie nimmt viel Mehl und tut nur ein paar Brösel Hefe dazu und verknetet alles.Schließlich ist dann der ganze Teig voller Hefe und geht auf.
    34.Jesus benutzte ständig irgendwelche Beispiele und Bilder,wenn er mit Menschen redete.In keiner seiner Reden durften sie fehlen.
    35.Damit wurde das wahr,was die alten Propheten schon damals voraus gesagt hatten:“Ich werde ihnen durch praktische Bilder und Vergleiche klar machen,worum es geht.Was bisher niemand geschnallt hat,sollen sie jetzt verstehen.“
    VOLXBIBEL.

    *world wide pizza is in your land*

    Gott ist da!

    der Björn

  8. Hallo lieber Storch,

    du hast Recht damit dass geschrieben steht dass der ‚Buchstabe tötet und der Geist es ist dass lebendig macht.
    Jesus sagt aber auch „die Worte die ich geredet habe DIE SIND der Geist und das Leben“
    Also nicht den Glauben verwefen und ein im Fleisch beschnittener Jude werden wollen, sondern im Herzen beschnitten sind…dann wirst du den Worten Gottes auch nicht mehr wiedersprechen wie es einst die Pharisäer taten, sondern eben Glauben und …aus dem Glauben …leben…des schnekt dir aber nur der Geist eben 😉

  9. Lieber Storch,

    Zitat:

    aber auf logos allein kann man keine theologie aufbauen –

    Was sagst du da…???….
    Im Bibelgrundtext steht überall „Am Anfang war der Logos und alle Dinge sind durch den Logos gemacht“

    Denk mal drüber nach …Jesus selbst ist der Logos….

  10. @ enrico:
    es ist die unterscheidung zwischen dem logos (als geschriebenem) und dem rhema (gesprochen) wort gottes. nur aufgrund des geschriebenem erkennt man gott nicht und wird zu keinen zutreffenden theologischen aussagen kommen (siehe die ganzen ungläubigen theologieprofessoren).

  11. Ich brauche dringend Hilfe bei meinem Bibelstudium. Kann mir jemand die Quelle zeigen, die belegt das.die Pharisäer tatsächlich am Sagst einen Wasserbeutel auf ihren Esel legten? Danke im voraus.

  12. Ich würde für mein Studium gerne die Quelle wissen, dass die Pharisäer tatsächlich einen Beutel Wasser auf ihre Kamele legten. Danke.

  13. Ich tippe auf Barclay, bin aber weit von meinen Büchern entfernt. Was sagt denn google?

  14. ich habe jetzt keine weitere quelle gefunden, nur viele hinweise. wieso ist das eigentlich wichtig, ob sie das tatsächlich gemacht haben? ist halt eine möglichkeit, das gebot zum umgehen. kannst ja ein anderes beispiel nehmen, z.b. wo jesus über die unterstützung der alten eltern spricht.

  15. Jesus sendet seinen Apostel Saulus, den römischen Erbbürger aus Tarsus in der Nacht nach Rom, wie Josef nach Ägypten gesandt wird – nach einem Streit, in dem Sadduzäer in den Vordergrund treten. Deren Sauerteig löscht aus, daß es Engel und Geister gibt. – Meine Handy-Nummer wäre 0043664 913 5616.

Ein Pingback

  1. […] Jesusmäßig werden, heisst nicht nur IHN in mir sein zu lassen, sondern auch, dass ich ihm ähnlicher werde. Mein Charakter soll dem seinen gleich werden. Aber wie geht das? Es fängt damit an, dass wir IHN sich in uns ausbreiten lassen. Das passiert nicht ein für allemal bei einem ekstatischen Lobpreis-High, sondern es wächst (oft langsam) in uns, so wie der Sauerteig vom Storch Dieses Wachstum kann man nicht “machen” aber man kann es zulassen und es fördern. Mir hat mal ein amerikanischer Prediger gesagt: “Keep on growing. Pick one thing that you love about jesus, one point of his charakter that you would be alike. And than pray and study and search the Bible for this single point. Figure out the background of how jesus was like this and keep on praying. You will get it! Continue until you got it… and than pick the next point!” […]

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