Elihus Reden scheinen mir insgesamt interessanter als die seiner Vorredner. Ich bitte Dich, die neunzehn Verse um die es heute geht selber nachzulesen, sie sind mir zu lang zum zitieren. Wenn Du sie liest, dann am besten in einer Einheitsübersetzung, falls Du eine zur Hand hast.

Elihu beschreibt den Werbungsweg um den Menschen zum Heil zu bringen, der Weg ist typisch für die Theologie nahezu aller Jahrtausende und der Unterschied zwischen Altem und Neuem Testament ist hier wieder einmal sehr klein. Es geht um einen Weg mit drei Schritten:

1) Gott spricht den Menschen an
Denn einmal redet Gott und zweimal, man achtet nicht darauf. (Hiob 33,14)
Wie Gott zu den Menschen redet ist vielfältig. Elihu kennt nur eine Möglichkeit: den Traum. Ich weiss von Menschen, die sich direkt beim Bibellesen bekehrt haben, manche, wie der berühmte Schriftsteller Lewis Wallace, sogar als sie Argumente für eine gegen-christliche Position gesucht haben. Wieder andere haben ein sichtbares Licht gesehen und eine Stimme gehört, wie Saulus, als er zum Paulus wurde. Wie auch immer Gott zu den Menschen spricht, es ist oft leicht zu überhören. Manche brauchen mehr als eine Anrede Gottes – also redet Gott einmal und zweimal.

2) Gott spricht durch Umstände
Er wird gemahnt durch Schmerz auf seinem Lager, und ständig ist Kampf in seinen Gliedern. (Hiob 33,19)
Wenn Gott den Menschen nicht mit seinem Reden erreicht, dann eben durch Umstände. Hierin liegt der Grund, warum so viele Christen Krankheit und Not als ein Werkzeug und direktes Wirken Gottes ansehen: weil widrige Umstände den Menschen in Gottes Arme treiben können. Dieser Aussage Elihus muss ich leider deutlich widersprechen. Die Beobachtung, dass Krankheit und Leid zu Gott treiben können ist richtig; die Schlussfolgerung, dass beides deshalb von Gott kommt ist falsch. Schlechte Dinge können etwas Positives bewirken, aber deshalb müssen sie noch lange nicht ihre Ursache in Gott haben!

Egal, ob durch Umstände oder direktes Reden, Gott hat mit allem dasselbe Ziel:
Sieh, alles das pflegt Gott zu tun, zweimal, ja dreimal mit den Menschen, um fernzuhalten seine Seele von dem Grab, um ihm zu leuchten mit dem Licht des Lebens. (Hiob 33,29-30)

3) Der Mensch kehrt um

Betet er zu Gott, so ist er ihm gnädig, er darf sein Angesicht schauen in festlichem Jubel. Dem Menschen gibt er die Gerechtigkeit wieder. (Hiob 33,26)
Das
Ziel des Redens ist erreicht, sobald der Mensch sich Gott zuwendet. Tut er es nicht, wird Gott immer wieder die Schritte 1) und 2) gehen; solange bis entweder der Mensch zu Gott umkehrt oder stirbt. Bis dahin bin ich einverstanden, ich glaube auch, dass Gott versuchen wird jeden Menschen anzusprechen solange noch Gelegenheit da ist ihn zu erreichen, also so lange er lebt.
Leider wird immer wieder die Schlussfolgerung gezogen, dass Gottes Wirken in unserem Leben aufhört, wenn wir bei ihm sind. Es ist die übliche Schizophrenie: um uns zu erreichen mag Gott übernatürlich wirken, wenn wir aber bei ihm sind fallen alle übernatürlichen Äusserungen Gottes unter das Charismaverbot des Dispensationalismus! Das ist natürlich Unsinn: Gott liebt uns nicht nur bis zur Bekehrung und spart dann seinen Segen bis zum Himmel auf. Der Himmel fängt heute an!

Falsche Schlüsse aufgrund richtiger Theologie
Bis dahin klingtdie Sache ja ganz gut. Einige Kleinigkeiten müsste man beachten, aber der Weg ist klar und ich würde ihn ohne weiteres predigen. Leider stolpert Elihu dann in den letzten Versen des Kapitels über seine Füsse – theologischer Tolpatsch der er ist!:
Hast Worte du bereit, entgegne mir! Sprich nur; denn gern gebe ich dir recht. Wenn aber nicht, hör du mich an! Schweig still, damit ich dich Weisheit lehre. (Hiob 33,32-33)
Wir haben es längst geahnt, es ging nicht darum einen allgemeinen Weg aufzuzeigen sondern Hiob seine momentane Situation zu erklären. Darauf hätte Hiob auch selber kommen können: „Mir geht es Scheisse, also befinde ich mich in Phase 2), ich habe Gottes Reden überhört, nun werden die Umstände immer schlimmer um mich eines besseren zu belehren und mich zu Gott zu bringen. Ich bin ein gottloser Mensch und brauche Umkehr!“ Das ärgert mich schon beim Schreiben… Hier sind zwei kapitale theologische Fehler gemacht worden:

1) Elihu wollte seine Theologie in Gott wiederfinden. Hätte er eine Bibel gehabt (gab es damals nicht), hätte er seine theologische Position in sie hineingelesen (Eisegese). Es ging ihm nicht darum, Hiob verständnisvoll zur Seite zu stehen und ihn zu verstehen, er wollte ihm zeigen, dass er im Unrecht ist. Diese Haltung wird glasklar im 33.Vers.
2) Elihu wendet ein allgemeines Prinzip falsch auf eine konkrete Situation an. Es ist gut allgemeine Prinzipien zu kennen und sie zu lehren, aber es ist dem Gewissen des anderen vorbehalten sie auf die eigene Situation anzuwenden. Leute, die anderen erzählen in welcher Phase des Wegs zum Heil, zur Heiligung oder was-auch-immer sie sich befinden, hauen anderen das Wort Gottes um die Ohren. Damit ist nichts erreicht und es geht sogar am Sinn der Bibel vorbei. Gottes Wort soll uns überführen und zurechtbringen. Nicht alle anderen. Elihu ist hier gefährlich nahe an der Haltung des Pharisäers im Tempel (Lukas 18,11)
Um es mit Fichte zu sagen:

So weit, als allgemeinen Satz, können wir es wohl aussprechen, (…) und es kann sogar sittliche Zwecke befördern, es auszusprechen: der Anwendung aber auf ein besonderes Individuum müssen wir uns enthalten und jeden der Stimme seines eignen Gewissens überlassen. (Sittenlehre. Band VI der Werkausgabe von 1912 Seite 74)

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2 Kommentare

  1. versteh ich nicht…

  2. was denn nicht, abc? vielleicht kann ich was klarer formulieren? aber zuerst einmal: herzlich willkommen!

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