26. Februar 2006 6
Recht – Hiob 8,3-4.6
Beugt etwa Gott das Recht, oder beugt der Allmächtige die Gerechtigkeit? Haben deine Kinder gefehlt gegen ihn, gab er sie der Gewalt ihres Frevels preis.
wenn du rein bist und recht, dann wird er über dich wachen, dein Heim herstellen, wie es dir zusteht.
(Hiob 8,3-4.6 nach der Einheitsübersetzung )
Die meisten Christen denken auch heute noch wie Bildad, aus dessen Rede diese Verse sind. Sie sind der Meinung, dass Gott ihnen Gnade, Gesundheit, Wohlstand nach Recht zumisst, wenn sie heilig sind und Gottes Reich bauen, dann wird Gott nicht anders können als sie zu segnen, denn das wäre nur recht und billig. Zunächst einmal: so etwas wie ein Recht der Menschen gegenüber Gott gibt es nicht. Wir haben nichts ausser Verdammnis verdient. Alles, was uns Gott an Gutem tut geschieht aus reiner Gnade. Erst wenn wir diese Voraussetzung verstanden haben macht es Sinn, sich mit Segen weiter auseinanderzusetzen.
Wie bei jeder guten Lüge scheint auch diese Sinn zu machen. Es leuchtet dem Verstand unmittelbar ein dass Gott uns mehr liebt und segnet wenn wir in seiner Spur leben. Ausserdem passt es zu unserer Alltagserfahrung, unserer Empirie, wie die Soziologen sagen würden: Leute, die ein heiliges Leben mit guten geistlichen Disziplinen führen machen einen gesegneteren Eindruck als Christen die nie Bibel lesen, jeden Tag eine Kiste Bier trinken und geizig sind.
Dennoch ist der Eindruck falsch. Das eine ist nicht die Ursache des Anderen, es sind lediglich Koinzidenzen, getrennte Ereignisse, die gleichzeitig auftreten und so den Eindruck von Kausalität erwecken können. Ein Beispiel aus der Medizin:
Vor Jahren gab es eine Studie über die auftauchenden Krankheiten in verschiedenen Berufsgruppen. Dabei kam für Tankwarte ein unerwartes Risiko für Lugenkrebs heraus. Die Lungenkrebswahrscheinlichkeit lag hier signifikant höher als bei anderen Berufen. Natürlich war das ein alarmierendes Zeichen und man machte sich daran herauszufinden, welche krebserregenden Stoffen in Benzin, Öl und anderen Stoffen enthalten sind, die man in Tankstellen findet. Nach langer erfolgloser Suche fiel einem der Forscher eine andere Studie in die Hände aus der hervorging, dass der Raucheranteil bei Tankwarten ebenfalls um einiges höher liegt als bei anderen Berufen und die Sache war klar. Der einzige karzinogene Stoff dem sich Tankwärte dauernd aussetzen ist Tabak… (das lässt sich leicht empirisch prüfen. Hat schon mal jemand einen Tankwart gesehen, der nicht raucht?).
Geistlich liegt etwas ähnliches vor. Der Segen liegt nicht an unserem heiligen Leben. Einer meiner Lieblingsprediger, Andrew Wommack, sagt immer gerne: „God does not love us based on our performance.“ Amen, ich sage: „he does not even bless us based on our performance“. Das Kreuz liegt hinter uns, der Segen ist bezahlt und muss nur noch in unserem Leben umgesetzt werden. „Jetzt ist alles klar“, sagt einer „der Segen wird in unserem Leben umgesetzt, wenn wir das tun, was Gott uns sagt.“
Falsch, das wäre die alte Kausalkette: heilig leben führt zu Segen. Richtig ist, dass wir in dem Masse in Gottes Segen leben, wie wir das Opfer Jesu verstehen. Wenn wir verstanden haben, dass er für unsere Sünden gestorben ist, nehmen wir dieses Opfer an und werden Christ – der Segen der Vergebung fliesst in unser Leben. Selbiges mit allem anderen auch: Kraft, Heilung, Liebe, usw.usf.
Nun kann man aber gar nicht Gottes Segnungen verstehen ohne seine Handlungen zu ändern: Heißt das nun, daß wir an der Sünde festhalten sollen, damit die Gnade mächtiger werde? Keineswegs! Wie können wir, die wir für die Sünde tot sind, noch in ihr leben? (Römer 6,1-2). Erkenntnis geistlicher Zusammenhänge führt nicht nur dazu, dass der Segen in unserem Leben sichtbarer wird sondern auch dazu, dass unser Leben heiliger, gottgeweihter wird.
Nach unendlich langer moralischer Prägung stellen die meisten hier einen unkorrekten Zusammenhang her indem sie glauben, dass die Taten zum Segen führen. Richtig ist, dass die Erkenntnis zu beidem führt: zu einem heiligen Leben und zu einem Leben in Gottes Segnungen. Wenn es anders wäre, hätten wir es wieder mit einer gesetzlichen Werkgerechtigkeit zu tun: dann würden unsere Handlungen über Gottes Kraft und Segen disponieren.
In der Praxis führt dieses Denken zu einem gefährlichen Rat, der jungen Christen gegeben wird: „Lebe heilig, wenn Du Gott begegnen willst“. Das Problem ist: es geht nicht. Heiligkeit kann nicht aus dem kommen was wir tun. Sie muss aus dem kommen, was wir sind.
Heiligkeit und Segen kommen nicht aus unserer Bemühung sondern aus unserer Veränderung. Deshalb gibt es nur einen biblischen Rat, den ich jemandem geben würde, der mehr im Segen leben will:
Und seid nicht gleichförmig dieser Welt, sondern werdet verwandelt durch die Erneuerung des Sinnes, daß ihr prüfen mögt, was der Wille Gottes ist: das Gute und Wohlgefällige und Vollkommene. (Römer 12,2, ausnahmsweise nach der Elberfelder)
Kerstin schrieb am
26. Februar 2006 um 17:38cool, wir passen so ein klein wenig zusammen heute, blogmäßig. 😉
haso schrieb am
27. Februar 2006 um 13:41mich wundert, dass hier bisher nur kerstin kommentiert hat. bevor es so aussieht, als schätze nur sie das prinzip „liebe und segen ohne performance“, füge ich hinzu: auch ich wage zu glauben, dass mein segens-dax keinen einzigen punkt nachgibt, wenn ich scheiss baue. aber warum sollte ich?
Jonny schrieb am
27. Februar 2006 um 17:25Hallo!
Danke für die interessanten Gedanken. Ich stimme ganz klar zu, dass wir Menschen nicht von Gott Recht einklagen können. Gottes Zuwendung in Form von Segen ist von seiner Gnade abhängig. Nun stellt sich aber die Frage, wie Gott sich uns Menschen offenbart! Zeigt er uns einen genialen Weg in Jesus auf und stellt uns vor die Wahl, diesen Weg zu gehen? Wenn ich die Bibel lese, dann meine ich „Ja!“ Zeigt sich damit aber nicht doch, dass Gottes Zuwendung davon abhängt, ob wir wollen oder nicht? Gott verheißt dem, der glaubt, ewiges Leben, das hier beginnt. Ich sehe Glauben als den Akt, indem ich getrieben vom Heiligen Geist mein Vertrauen auf Gott setze. Wer ist hier aktiv / am Tun? Gott UND ich. Insofern ist Segen gleichzeitig von Gottes und meinem Tun abhängig! (Paradox) Wenn wir es mit Gott zu tun haben, warum sollte das nicht möglich sein?
Wie geschieht Veränderung? Für mich persönlich ganz konkret, indem ich auf Gottes Wort höre, danach lebe, bete etc. (Geistliche Übungen) Wenn ich das tue, verändert mich Gott. Geschieht hier die Veränderung etwa nicht durch Tun? Gewiss ist es Gott, der mich ändert – aber die Frage ist, ob ich es will oder nicht! Ist im Prinzip die alte Frage wieviel Freiheit/Verantwortung dem Menschen zugestanden wird.
„Lebe heilig, wenn du Gott begegnen willst.“ Wenn Heilig nicht als „perfekt“ verstanden wird, dann stimmt doch dieser Satz! Ich erlebe es zum einen, dass ich Gott begegne, wenn ich das tue, was er will. Nichtsdestrotz erlebe ich ihn auch, wenn ich nicht das tue, was er will! Ist nicht beides möglich und stellt ein Geheimnis da?! Auf jeden Fall sollten Christen ermuntert werden aktiv geistliche Übungen zu betreiben um gemeinsam mit Gottes Kraft die Welt zu verändern.
Jakobus 4,8: „Naht euch Gott und er wird sich euch nähern.“
storch schrieb am
28. Februar 2006 um 18:12hi jonny,
dem stimme ich zu, es sieht so aus als allerdings ist das ein beobachtungsfehler: es ist nicht das tun, das zur veränderung führt sondern die veränderung führt zum tun – also genau umgekehrt.
die kausalkette „heiligkeit = gottes liebe“ ist falsch. die christen denken hier meist einfach falschherum, so als gott uns eigentlich lieber nihct segnen will, durch unsere taten aber in seiner motivation wesentlich verändert würde. das ist quatsch – er will uns immer segnen und hat am kreuz die veraussetzungen für ein völlig gesegnetes Leben geschaffen.
sprotte schrieb am
1. März 2006 um 00:57unglaublich, alter, was du hier zum besten gibst! rauchende tankwarte, hab ich da den hinterhältigsten sarkasmus verpasst? hilf mir weiter, liebster storch, aber das meinst du doch nicht ernst???
storch schrieb am
1. März 2006 um 01:02@ sprotte,
naja, nicht beim zapfen. sonst habe ich noch nie einen nichtraucher da arbeiten sehen.