24. Dezember 2005 7

armut

ich hatte in einem gottesdienst gepredigt. die liturgie musste eingehalten werden, es gab fürbitten und eine kollekte. wie immer in der kirche hatten diese teile etwas unangenehmes, wahrscheinlich waren sie als ausdruck „sozialer gerechtigkeit“ geplant gewesen und sollten betroffen machen. mich haben sie im nachhinein nur wütend gemacht.
die fürbitten gingen um die standardthemen „armut“ und „krieg“. kinder in der dritten welt halten ja immer recht gut dafür her, betroffen zu machen wenn man für sie betet. am ende waren dann auch bestimmt 20 euro in der kollekte für irgendeine aktion, deren namen ich vergessen habe. bei vielleicht 250 gottesdienstbesuchern nicht gerade die welt! habe ich je zuvor so viel kupfergeld gesehen? glaub´ nicht….

seitdem geht mir ein satz nicht aus dem kopf. ich will nicht sagen, dass das theologisch 100%ig stimmt, aber die aussage ist gewiss richtig: „wer aus seinem überfluss 5c gegen armut in der welt spendet, braucht auch nicht dagegen zu beten!“ mal ungeschminkt: es fällt den menschen in einem der reichsten länder der welt an weihnachten leichter gegen missständen zu einem gott zu beten, an den sie nicht glauben, als das zu geben, was sie haben. gebet taugt aber nichts wenn wir nicht das tun, was wir können. gott macht keine one-man-show; er kann die welt nicht alleine retten. wer nicht mitmacht und sein herz, seinen besitz, seine kraft und liebe in gottes sache hineingibt braucht auch nicht zu beten.

5 Ist das ein Fasten, wie ich es liebe, ein Tag, an dem man sich der Buße unterzieht: wenn man den Kopf hängen läßt, so wie eine Binse sich neigt, wenn man sich mit Sack und Asche bedeckt? Nennst du das ein Fasten und einen Tag, der dem Herrn gefällt?
6 Nein, das ist ein Fasten, wie ich es liebe: die Fesseln des Unrechts zu lösen, die Stricke des Jochs zu entfernen, die Versklavten freizulassen, jedes Joch zu zerbrechen,
7 an die Hungrigen dein Brot auszuteilen, die obdachlosen Armen ins Haus aufzunehmen, wenn du einen Nackten siehst, ihn zu bekleiden und dich deinen Verwandten nicht zu entziehen. 8 Dann wird dein Licht hervorbrechen wie die Morgenröte, und deine Wunden werden schnell vernarben. Deine Gerechtigkeit geht dir voran, die Herrlichkeit des Herrn folgt dir nach.
(Jesaja 58,5-8 nach der Einheitsübersetzung)

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6 Kommentare

  1. Ihr seid ja verrückt, natürlich kann ich auch gegen das Leid der Welt beten wenn ich nicht vorher schon was dagegen getan hab.

    Erstens kann ich Gott bitten Veränderung zu schenken. Ich darf mit meinen Bitten immer zum Vater kommen ohne vorher was zu leisten.

    Zweitens wenn ich ernsthaft gegen Armut bete wird mir Gott sicher recht schnell sagen was ich dagegen tun kann. Oft hilft Armen (in Deutschland ) ja Beachtung , Liebe, Aufmerksamkeit, Hilfe bei alltäglichen Aufgaben oder Schwierigkeiten (Behördengänge etc.) mehr als nur Geld.

  2. du sprichst mir aus der seele.

    ..gegen Mißstände beten, die wir sogar selber mit verursachen und unsere Vorfahren!
    Wie paradox!

    Spenden, fair trade, Ökosachen.. sowas gehört dazu. Sich mal mit den Hintergründen der Armut auseinandersetzen..
    Dann kann man mal anfangen mit beten. Jawollja!

  3. these1:
    IN Sachen Armut/Ungerechtigkeit, soziale Mißstände usw..
    „wirklich ernsthaft beten“ und „nichts tun“ schließen sich einander aus.

    these 2:
    „these1 lässt sich auf alle anderen Bereiche des Lebens erweitern.“

  4. Ich stimme den zwei Thesen zu , aber ich denke auch dass es sein kann man betet zuerst und erst dann wird einem klar was man eigentlich tun kann oder soll.

  5. Ich würde schon sagen, daß Gott in diesem Fall durch Kontoauszugsautomaten deutlicher spricht, als durch Gebet… 🙂 Erinnert mich allerdings daran, daß ich wenigstens nochmal wat an die Gemeinde abdrücken kann. Das ist dieses Jahr leider viel zu kurz gekommen, da ich damit beschäftigt war, meine eigene Armut zu bekämpfen … Rettet den Wald! Esst mehr Biber!

  6. Ich würde sagen Jakobus sah das auch so, mit dem wenn du nur 5 Cents brauchst du auch nicht beten. Er schreibt das ein wenig anders, aber da Prinzip ist das selbe, wie auch schon im Jesaja.

    Jak 2, 16 aber jemand unter euch spricht zu ihnen: Geht hin in Frieden, wärmt euch und sättigt euch! ihr gebt ihnen aber nicht das für den Leib Notwendige, was nützt es?
    17 So ist auch der Glaube, wenn er keine Werke hat, in sich selbst tot.

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