gottfried keller war ein schweizer schriftsteller, der besonders durch die atheistische weltanschauung seiner werke von sich reden machte. so ist auch dieses gedicht definitiv kein christliches, aber dennoch ein schönes. ich kann das gefühl gut verstehen, sich von etwas freigemacht zu haben und wieder frei durchzuatmen. wer kann das nicht?

Ich hab´in kalten Wintertagen
In dunkler, hoffnungsarmer Zeit
Ganz aus dem Sinne Dich geschlagen,
O Trugbild der Unsterblichkeit.

Nun da der Sommer glüht und glänzet,
Nun seh´ ich, dass ich wohl getan;
Ich habe neu das Herz umkränzet,
Im Grabe aber ruht der Wahn.

Ich fahre auf dem klaren Strome,
Er rinnt mir kühelnd durch die Hand;
Ich schau´ hinauf zum blauen Dome –

Und such`kein bessres Vaterland.

Nun erst versteh´ich, die da blühet,
O Lilie, deinen stillen Gruß,
Ich weiss, wie hell die Flamme glühet,
Daß ich gleich dir vergehen muß!

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