in der volxbibel-diskussion habe ich mit interesse eine randbemerkung wahrgenommen, die immer wieder kam: es gibt einen heiligen deutschen grundtext: die ELBERFELDER. diese gilt es mit entschiedenheit gegen „verbale verballhornungen“ nach art der HfA, NGÜ, Luther, GN usw. zu schützen. (ja nach posting kann man *jede* andere übersetzung als verballhornung ansehen, aber bei HfA und GN ist man sich einig). ich dachte immer, dass würde die deutsche theologie von der amerikanischen trennen, dass man drüben einen englischen grundtext hat (king james) und wir einen griechischen (nestle aland), bzw. hebräischen (biblia hebraica stuttgartensia), na ja, ist nicht so….

darauf hin habe ich meine anderen bibeln im regal umgedreht und mich wieder der elberfelder zugewandt. und was finde ich? s p r a c h v e r f a l l noch schlimmer: s i t t e n v e r f a l l und obszönitäten und das genaue gegenteil: p r ü d e r i e, wo die bibel eine klare sprache spricht.

einige beispiele:

– Als sie aber ihre Augen aufhoben, sahen sie niemand als Jesum (sic!) allein. (math. 17,8) – dieser verballhornte akkusativ taucht 108mal auf. richtiger akkusativ von jesus ist „jesus“.

– Und siehe, die ganze Stadt ging hinaus, Jesu (sic!) entgegen, (math. 8,34). der korrekte dativ ist natürlich „jesus“. diese unform haben wir 211mal im NT.
manchmal scheint es, dass die elberfelder sich an der griechischen grammatik orientiert. manchmal weiss ich auch nicht, wo diese formen herkommen.

– Mein kleiner Finger ist dicker als die Lenden meines Vaters! (1.könige 12,10). autsch, sind „lenden“ wirklich die „reproductive organs“, als die mein wörterbuch sie bezeichnet?

– immerhin ergeht es den frauen in der elberfelder noch nach „ihrer weise“ (gen 31,35). in schmuddelübersetzungen wie der HfA haben sie schon ihre tage. ich fürchte, dass die moderneren übersetzungen damit näher an dem sind, was der urtext sagen wollte. körperliches so zu umschreiben, dass man nicht mehr versteht was gemeint war, ist unnötige prüderie. immerhin steht es ja in der bibel. das ist verballhornung, der text der bibel ist den übersetzern nicht heilig genug um klar zu übersetzen!

– So tue Gott den Feinden Davids, und so füge er hinzu, wenn ich von allem, was ihm gehört, bis zum Morgen einen übriglasse, der männlich (sic!) ist! – 1.samuel 25,22 in elberfelderdeutsch.
dieselbe stelle viel genauer übersetzt in der schlachter: Gott tue solches und noch mehr den Feinden Davids, wenn ich von allem, was dieser hat bis zum hellen Morgen auch nur einen übriglasse, der an die Wand pißt. ähnlich: 1. Samuel 25:22, 34; 1. Könige 14:10; 16:11; 21:21; 2. Könige 9:8

– Du hurtest mit den Söhnen Ägyptens, deinen Nachbarn, die groß an Fleisch(sic!) sind; und du mehrtest deine Hurerei, um mich zu reizen. Hesekiel 16,26). wie unkompliziert und ehrlich übersetzt hier die einheitsübersetzung: Du hast dich den Ägyptern, deinen Nachbarn mit dem großen Glied

im grunde ist die bibel voll von sachen, die man als peinlich betrachten kann und die ganz schön offen beschrieben sind. da tut man sich keinen gefallen, das, was das wort offen nennt mit einem verschämten mäntelchen zu bedecken. miteinander schlafen als „beieinander liegen“ zu übersetzen (oder verbrämen?) verstellt nur den sinn. homosexuelle in verschiedenen revisionen als „lustknaben“ (sic!) oder „weichlinge“ (doppel-sic!) zu übersetzen ist einfach lächerlich. da wird der sprache ihr ur-sinn genommen, nämlich verständlich zu sein und eine brücke zwischen den zeiten und menschen zu bauen. da lobe ich mir die modernen übersetzungen!

lustich ist in diesem zusammenhang natürlich noch die überschrift zu hesekiel 23. die klingt dann wieder sehr freizügig wie der titel eines pornofilms: „die beiden unzüchtigen schwestern ohola und oholiba“.

natürlich gibt es noch tausend beispiele dafür, wie die elberfelder durch verdrehte grammatik den sinn verstellt und die sprache nagativ entwickelt. auch dafür, wie sie durch verschämte übersetzung den leser im unklaren lässt. aber mir geht es nicht darum die elbi schlecht zu machen sondern nur darum zu zeigen, dass sie auch nicht das reine und beste deutsch spricht und sich nihct immer für die beste übersetzungsmöglichkeit entscheidet.

für die, die es immer noch nicht kapiert haben: klar benutze ich in diesem artikel gelegentlich ein bischen ironie. tatsächlich habe ich die elberfelder komplett gelesen, das nt sogar einige male. derzeit lese ich jeden tag elberfelder. worum es mir geht ist nur zu zeigen, dass es keinen hl. deutschen grundtext gibt. die elbi ist nicht schlecht, aber sie ist nur ein buch. eine bibelübersetzung unter vielen, durch die jesus genauso spricht wie durch andere.

rock’n’roll….

PS: lewis hat mich in den comments zu diesem artikel auf ein interessantes .pdf von heinrich von siebentahl (fta) aufmerksam gemacht. es geht um bibelübersetzung und -übersetzungen und lohnt es m.e. das lesen. jedenfalls hatte ich ein angenehmes mittagessen damit. hier kann man es runterladen.
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CD im Player:
– paradise lost: gothic

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7 Kommentare

  1. Da haste aber mal tief Luft geholt! Leider hast Du recht!
    BB
    Wolf

  2. Joho gut gesprochen – einen guten Artikel von einem Sprachwissenschaftler (Heinrich von Siebenthal, Autor von der Griechischen Standartgrammatik und dem neuen sprachlichen Schlüssel zum NT und einer guten hebräischen Grammatik) bzgl. Bibelübersetzungen findest Du unter: http://www.fta.de/fta2/download.php?p=89 oder einfach fta.de unter „Dozenten“ hier den Downloadbereich von von Siebenthal anklicken. Der Mann ist ein Diamant unter den Sprachkennern. (Mein Lehrer in Hebräisch und Griechisch)
    Ansonsten gebe ich Dir Recht, z.B. bei der Revision der Lutherbibel 1984 wurde besonders Wert darauf gelegt den Lutherwortlaut nicht zu sehr zu verändern. Hallo? Lutherwortlaut….wir sind ein elendes Volk und brauchen Gnade und Barmherzigkeit und Feindesliebe – werden wir die in den Blogs finden?
    Björn

  3. Oh ja, das Hebräische ist eine sehr kraftvolle Sprache… Die Sache mit KJV als Urtext erinnert mich an einen Spruch, den ich bei den Amis öfters gehört habe (hoffentlich war es immer Spass): „If the King James Bible was good enough for Paul, it should be good enough for me“.
    pi plessed

  4. Guter Post!

  5. echt ein super post!!
    könntest du nicht mal bei gelegenheit ein buch darüber schreiben?
    Und wann kommt endlich die Neuauflage des Büchleins über die Stellung der Frau bzw. ob Frauen predigen sollen? hab meines ausgeliehen, weiss nicht mehr wem, und nîcht mehr zurückbekommen..

  6. hallo cee3000,

    das buch wird am freakstock zum ersten mal verkauft.

    bis dann,

    storch

  7. Ja. Toller Artikel. Leider stimmt er so nicht.
    Organisier Dir erstmal ne halbwegs aktuelle Ausgabe der Elberfelder. Meine nennt sich „Elberfelder Bibel – revidierte Fassung“ und ist die 6. Auflage, letzte Überarbeitung geschah 1992 (sic!):

    – Mt 17,8 steht bei mir der korrekte Akkusativ „Jesus“ – allerdings hab ich nicht nach 108 Stellen gesucht. – Ich nehme mal an, dass Du eine Online-Version benutzt hast? Mag sein, dass da nicht die neueste Online ist, im Druck jedenfalls ist das seit mindestens 15 Jahren unverändert „richtig“. Dasselbe gilt für den Genitiv.

    – 1 Kö 12,10 steht bei mir Hüften, was Dein Argument nicht entkräftet. Allerdings ist das ein Punkt wo man verschiedene Übersetzungen verkleichen sollte und abwägt, welcher Grund einen am ehesten überzeugt.

    – bezüglich Gen 31,35 ist es halt die Frage ob man nicht auch in der Bibel einen „typischen Stil“ beibehalten sollte. Diese Diskussion führen ja nicht nur Bibelübersetzer sondern auch Germanisten, Philologen, Übersetzer moderner Literatur usw. Konsequenterweise müßte man dann tatsächlich bei 1.samuel 25,22 sehen was im hebräischen Urtext steht, wen das wirklich steht „an die Wand pisst“ dann bin ich nicht dagegen. Aber dann lies doch direkt mal bei Martin Buber nach und frage Dich, ob Du diesen Text für den privaten Gebrauch oder die Liturgie geeignet hältst. Gleiches gilt für das große Glied der Ägypter (möchte nicht wissen, wie hier die Volxbibel übersetzt…) – aber wenn Du solche Behauptungen aufstellst, dann mach Dir das „bißchen“ Mühe, schnapp Dir den Urtext, ein hebräisches Lexikon, ein paar Kommentare von Alttestamentlern (die kennen sich nämlich aus und wissen manchmal erstaunliche Sachen) und leg uns DANN das Ergebnis Deiner Forshungen dar. Das Spektakuläre Ergebnis a priori für das Richtigere zu halten, nur weil es vermeintlich „vertuscht“ wird ist vielleicht modern, aber noch lange nicht richtig. Kritik und Ironie geht übrigens selten gut überein.

    Bei Fehlern gilt der Satz übrigens auch: „Wer suchet, der findet!“

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