21. Mai 2011 8

Das Gott-Areal

Man liest ja immer wieder in gewissen Hochglanzmagazinen, dass Wissenschaftler endlich die Hirnregion gefunden haben, die für Glauben verantwortlich ist. Als ich eigentlich auf der Suche nach etwas ganz anderem war, bin ich über folgende Zeilen von Brian Burrell gestolpert, die in diesem Zusammenhang interessant sein könnten:

Professor William R. Uttal von der Arizona State University, ein anderer Kritiker der bildgebenden Verfahren zur Darstellung des Gehirns, hält die Suche nach höheren kognitiven Prozessen für eine Art Taschenspielertrick. Wenn es um Gehirnfunktionen gehe, sagt Uttal, „lässt sich alles finden, was man benennen kann“. Damit meint er, dass wenig dazu gehört, eine gegebene geistige Fähigkeit irgendwo im Gehirn zu lokalisieren. Er nennt dies (und sein Buch) The New Phrenohgy. Das geht so: Zuerst benenne man eine geistige Fähigkeit, irgendeine beliebige Fähigkeit – die Frömmigkeit zum Beispiel ist augenblicklich sehr beliebt (…). Nun lasse man sich ein Experiment einfallen, in dem man diese geistige Fähigkeit bei seinen Testpersonen aktiviere: Man lasse sie also beten oder meditieren. Dann scanne man ihre Gehirne mit einer Methode seiner Wahl – etwa einem PET-Scan. Es wird immer einen Aktivitätsgipfel geben. (Das folgt aus dem Extremwertsatz der Infinitesimalrechnung.) Bei entsprechender Bedienung des Geräts und geeigneter Wahl der Farben wird ein Teil des Gehirns immer heller leuchten als die anderen. Damit die Frömmigkeit lokalisiert. Man sorge nur dafür, dass die Stichprobe klein genug ist, auf, sagen wir, zehn bis zwölf Versuchspersonen beschränkt bleibt, und die Chancen stehen sehr gut, dass man mit ein bisschen Manipulation der Einstellhebel eine hinreichende Überschneidung der lokalisierten Zonen erhalt, um mit einem Konfidenzniveau von fünfundneunzig Prozent behaupten zu können, es gebe ein „Gott-Areal“ im Gehirn, ein phrenologisches Frömmigkeitsmodul.1

Nachher schreibt er dann noch darüber wie gut sich so etwas in Hochglanzmagazinen macht 🙂

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  1. Burrell, Brian (2005): Im Museum der Gehirne. Die Suche nach Geist in den Köpfen berühmter Menschen. Unter Mitarbeit von Hainer (Übersetzung) Kobe. Hamburg: Hoffmann und Campe., Seiten 320–321 []

8 Kommentare

  1. ich fände es eigentlich nicht so schlimm, wenn es dieses Areal wirklich geben würde. Der Glaube wirkt sich dann ja eh auf das ganze Leben (und dann auch den ganze Körper aus). Oder?

  2. dann wäre glaube aber wirklich nur etwas in unserer hardware und hätte gar nicht mehr mit der existenz gottes hzu tun.

  3. Da steckt vermutlich auch der Wunsch dahinter, einen unsichtbaren Gott in einer sichtbaren Auswirkung darzustellen. Der Geist Gottes hat sicher Auswirkungen auf unseren ganzen Körper, nicht nur auf Areale unseres Denkapparates. Nur eben schwer in Skalen darstellbar. Da haben es die unscihtbaren Atomstrahlen mit dem Geigerzähler schon leichter.

  4. meist sind es eher atheistische bemühungen um zu zeigen, dass glaube eben hormonell/genetisch oder sonstwie körperlich zu erklären ist.

  5. ach, na dann. Ich weiß gar nicht, warum Atheisten dafür soviel Energie investieren, um zu Scheinergebnissen zu kommen?

  6. da müsstest Du sie selber fragen 🙂

  7. 🙂 Man soll ja auch keiner Studie glauben, die man nicht selber gefälscht hat…

  8. Mark Twain?

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