Gott ist kein Gott der Unordnung, sondern des Friedens (1.Korinther 14,33).

Anarchie und Chaos sind seinem Wesen und seiner Gemeinde fremd. Das sagt allerdings noch nichts darüber aus, wie er möchte, dass seine Gemeinde geleitet wird. Hierzu könnte ich mir spontan drei verschiedene Möglichkeiten vorstellen, die sich auch alle in der Praxis ?nden lassen.

1. Demokratie
Was im Natürlichen sicherlich die ideale Staatsform darstellt, erweist sich im Geistlichen als sehr ungünstig. Wahrscheinlich macht jeder Leiter früher oder später mal die Erfahrung demokratischer Abstimmungen mit der ganzen Gruppe. Je größer eine Gemeinde wird, desto weniger wird es möglich, demokratisch Entscheidungen zu fällen. Keine Gruppe ist homogen, und es gibt in jeder Gemeinde Leute, die besser nicht mit Leitungsaufgaben und Entscheidungen betraut werden sollten, weil sie z.B. zu unreif dazu sind, die Gruppe und deren Vision nicht gut genug kennen und verstehen, oder im Extremfall sogar stören wollen.
Wenn Entscheidungen immer von der ganzen Gemeinde gefällt werden, können sich solche Störfaktoren katastrophal auswirken: Entscheidungen werden gar nicht oder falsch gefällt.
Das größte Problem bei demokratischen Abstimmungen ist es aber sicherlich, dass Gott auf diese Weise mit einer 2/3 Mehrheit überstimmt werden kann. Genau das ist in 4.Mose13-14 passiert:
Gott hatte die Israeliten aus Ägypten herausgeführt und wollte sie in ein Land führen, das von Milch und Honig überfließt, in ein gutes und reiches Land also. Als sie an der Grenze ankamen, wurden Kundschafter ausgesandt, die sich das Land ansehen sollten. Sie erkundeten das Land und kamen zurück mit der Botschaft, dass es zwar ein gutes Land sei, genauso, wie Gott es versprochen hatte, dass es aber bewohnt sei und zwar von Riesen, die zu allem Über?uss auch noch in stark befestigten Städten wohnten. Die Kundschafter versetzten das Volk so sehr in Furcht mit ihren Geschichten, dass Josua und Kaleb, die auch Kundschafter waren und der Meinung, dass man das Land trotz aller Widrigkeiten einnehmen könnte, überstimmt wurden. Mit ihnen wurde Gott selber überstimmt, der seinem Volk dieses Land versprochen hatte. Das gelobte Land wurde nicht erobert, und die Israeliten mussten noch vierzig Jahre durch die Wüste gehen. Bis sich die Chance zum zweiten Mal bot, waren die Israeliten dieser Generation bereits tot. Alle bis auf Mose, Josua und Kaleb.

Natürlich sollten Gemeinden gerade in wichtigen Entscheidungen auch demokratischen Prinzipien folgen, denn wir sind alle gemeinsam auf dem Weg. Wenn ein neuer Leiter eingestellt werden soll (s.u. Einsetzung) oder neue Räume bezogen werden sollen, macht es Sinn, das mit der Gemeinde zu besprechen. Aber generell ist mehr Leitung wohl besser als weniger. Nichts ist aufreibender, als jede Entscheidung basisdemokratisch abzustimmen. In diesem Fall braucht man eigentlich keine Leitung, sondern nur einen Gesprächsführer.

Da wir in einem demokratischen Land leben, steht unsere Leitungsauffassung manchmal in einem Widerspruch zur Leitungsauffassung unseres Landes. Das ist besonders dann zu beobachten, wenn Gemeinden e.V. werden und sich um politische Vertretung in verschiedenen kommunalen Gremien bemühen. Das Thema führt hier leider zu weit, aber als wir in Remscheid uns um Anerkennung als freier Träger der Jugendhilfe beworben haben, mussten wir unsere Satzung mehrmals umstellen und uns im Zuge dessen nochmal ganz neu mit unsererm Leitungsverständnis auseinandersetzen. An dieser Stelle reicht der Hinweis darauf, dass es zu schwierigen geistlichen Entscheidungen führen kann, dass wir in einem demokratischen Staat leben.
Die meisten Jesus Freaks-Satzungen sind auch in der Tat sehr undemokratisch. In der „Ursatzung“, die auch heute noch von vielen übernommen wird, ?ndet sich der Satz, „dass gegen die Stimme des ersten Vorsitzenden jede andere Stimmen ungültig ist.“
Dass es schwierig ist, mit diesem Leitungsverständnis mündige Christen hervor zu bringen liegt auf der Hand. Leitung sollte leiten, aber gleichzeitig andere ermutigen mit zu machen und sie frei setzen. Keine einfache Aufgabe.

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3 Kommentare

  1. Hi,

    ich finde du hast das Spannungsfeld um Demokratie in der Gemeinde sehr gut dargestellt. Leider funktioniert Demokratie auch in unserem Staat nicht besonders gut. Manchmal habe ich das Gefühl das eigendlich alles von Lobbys gelenkt wird (Die beste Demokratie, die man für Geld kaufen kann).
    Aber da sind christliche Gemeinden leider auch nicht frei von. Charismatische Persöhnlichkeiten können oft ohne Probleme ganzen Gemeinden ihre Agenda aufdrücken, da werden Seilschaften aufgebaut und Druck ausgeübt ….
    Das ist dann aber auch völlig unabhäng von demokratisch oder autokratisch.
    Ich frage mich auch was passiert wäre, wenn sie doch ins gelobte Land eingezogen wären. Wäre die ein Drittel in der Wüste geblieben, ein anderes Drittel hätte vielleicht erstmal geschaut was passiert und das letzte Drittel wäre im ersten Gefecht untergegangen. Vermutlich wäre das das Ende vom Volk Israel gewesen.

    Es ist fast egal wie eine Gemeinde ihre Entscheidungen trifft, wenn sie sich nicht einig ist, gibt es Große Probleme und Spaltung steht bevor. Da nutzt dann auch ein Machtwort vom Pastor wenig.

    Boris

  2. schöne stelle dazu aus der losung von vorgestern… weiss nicht ob das wirklich in so nem zusammenhang kam aber passt finde ich gut dazu, wie es eigentlich laufen sollte:

    Ihr sollt einer mit dem andern reden: »Was antwortet der HERR?« und »Was sagt der HERR?«

    Jeremia 23,35

  3. das sehe ich auch so, boris. letztlich ist es fast egal, wie eine struktur auf dem papier aussieht – in der praxis hängt alles davon ab, wie die leute drauf sind, die die struktur füllen.
    ich denke aber schon, dass die demokratie in deutschland einigermassen klappt. in einem so grosse gebilde realisiert sich diese staatsform eben durch lobbys, aber das macht ja nichts.
    demokratie als idealform in der jeder teilnehmer informiert, motviert usw ist, ist ja eh nicht realistisch.

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