Die Vision ist als die „schlagkräftigste Waffe“ der Leitung bezeichnet worden. Es ist sicher richtig, dass eine Vision ein Kennzeichen gesunder Gemeinden ist. Sprüche 29,18 sagt, dass ein Volk ohne Vision verwildert. „Vision“ wird an dieser Stelle in manchen Bibelübersetzungen als „prophetische Sicht“ oder „Gesicht“ übersetzt und genau das ist es, was eine Vision ausmacht: sie ist ein (göttliches) Bild von etwas, was noch in der Zukunft ist und das die Menschen beflügelt. Ohne eine Vision weiß die Gemeinde nicht, wohin sie auf dem Weg ist und wird über kurz oder lang beginnen, sich um sich selbst zu drehen.
Ich habe „göttlich“ in Klammer gesetzt, weil es natürlich auch im nichtchristlichen Bereich große Visionen gab und gibt. Auch diese haben Kraft und Ein?uss, aber ihre Quelle ist nicht Gott. Für uns als Gemeinde sollte es aber selbstverständlich sein, dass wir Gottes Vision leben.

Drei De?nitionen von „Vision“:

Vision ist ein Bild von der Zukunft, das Begeisterung auslöst (Bill Hybels)
Visionen lösen etwas in den Menschen aus, die sie hören. Man kann etwas tief im Inneren spüren. Es sind nicht einfach Worte sondern Worte, die Kraft haben, Herzen zu bewegen.
Beispiele für Visionen und ihre Kraft, Menschen zu begeistern gibt es unendlich viele. Martin Luther King hatte die Vision eines Amerikas, das frei von rassischen Unterschieden wäre. Er hatte einen Traum, der Millionen begeisterte und noch heute begeisterte. Seine visionäre Kraft war so stark, dass auch heute, Jahrzehnte nach seinem Tod, viele bei den Worten „I have a dream“ sofort an ihn denken.
Leider funktionieren Visionen nicht nur im Positiven. Auch Verführer haben Visionen und die Macht vieler gefährlicher Politiker und Sektenführer gründet in der Macht der Vision. Mitte bis Ende der dreißiger Jahre hat Hitlers Vision eines starken Deutschlands die Menschen so sehr begeistert, dass sie ihn mit Blumen beworfen haben wo immer er lang kam und bereit
waren, alle Ethik über Bord zu werfen und ihm bis in den Tod zu folgen.

Vision ist das, was wir sehen, wenn wir die Augen schließen. Es ist das innere Bild, das uns immer wieder voran treibt und uns die Tränen in die Augen treibt, wenn wir daran denken oder etwas darüber hören.
Man weiß, ob man eine Vision hat, denn sie ist die Kraft die uns bewegt, wie nichts anderes.

Visionen sind Sammelplätze des Volkes Gottes in der unsichtbaren Welt (Storch)
Ich weiß, das klingt etwas sperrig, aber es ist eine der ersten Erkenntnisse, die ich hatte nachdem ich Christ geworden bin und deshalb zitiere ich es einfach so, wie es in meinen alten Tagebüchern steht. Visionen sind Kristallisationspunkte um die sich Menschen sammeln. Die Vision berührt nicht nur, sie setzt auch Menschen in Bewegung und lässt sie
sagen: „das ist mein Herzschlag, dabei will ich mitmachen.“
Als ich das erste Mal „Jesus Freaks“ von Michael Ackermann gelesen hatte ging es mir genau so. Das war mein Traum: eine alternative Gemeinde zu bauen in der man gute Musik hören konnte, verständliche Predigten hatte und in der Christsein etwas richtig gutes und erstrebenswertes sein würde.
Ich war wie elektrisiert als ich das Buch in der Hand hatte. Ich konnte nicht aufhören es zu lesen und am Ende konnte ich nicht schlafen. Gott war so stark da, dass ich die ganze Nacht auf war und gebetet habe.
Bei der ersten Gelegenheit fuhren wir nach Hamburg um uns die Freaks an zu schauen. Es war ein echter Schock. Das war es, was wir alle wollten. Mir war das damals noch nicht bis in die letzte Konsequenz bewusst, aber ich hatte das gefunden, was mein Leben ab diesem Moment prägen sollte.
Diese Vision ist immer wieder erneuert und konkretisiert worden. Es begeisterte mich, über den sechs-Punkte-Plan zu predigen und ich freue mich noch immer, lebendige JF-Gemeinden zu sehen. Das war mein Leben!
Ähnliche Gefühle hatte ich, als das erste Kapitel von Bill Hybels´ Buch „mutig führen“ gelesen habe. „Die Ortsgemeinde ist die Hoffnung der Welt“, schrieb er und belegte es mit vielen Beispielen. „Ja!“, dachte ich und konnte einen Moment nicht weiter lesen. Auch wenn der Satz theologisch korrekter heißen müsste, dass die Ortsgemeinde der „Hoffnungsträger“ der Welt ist und natürlich Jesus die Hoffnung, spricht mich das an. Jesus hat die Gemeinde gestiftet um ein Licht in der Welt zu sein. Es gibt nichts, wofür es sich mehr lohnt zu leben als dafür.
Wenn Menschen eine Vision vermittelt bekommen, die ihnen entspricht, sammeln sie sich darum, wie die Motten um das Licht.

Das ist die Kraft der Vision: Menschen zu sammeln und ihre Kräfte zu mobilisieren um ein zukünftiges Ziel zu erreichen.

Wer ein „warum“ im Leben hat erträgt auch jedes „wie“ (F.Nietzsche?)
Leider konnte ich das Zitat nicht mit letzter Gewissheit nachweisen. Ich bin aber sehr sicher, dass es wirklich Nietzsche war, der diesen sagte. Wer weiß, wofür er lebt, der kann einiges ertragen.
Es ist nie billig, eine Vision zu verwirklichen. Niemand soll denken, dass es einfach ist, das zu verwirklichen, womit uns Gott beauftragt hat. Im Gegenteil: es bedeutet, ?nanziellen Einsatz, zeitlichen Einsatz, körperlichen, seelischen und geistlichen Einsatz. Eine Vision bringt uns häu?g an unsere Grenzen; aber sie gibt uns auch die Kraft durchzuhalten.
Als Winston Churchill im zweiten Weltkrieg sein Amt als Premierminister antrat ließ er keinen Zweifel daran, dass harte Zeiten vor England lagen. Er hatte die Vision England vor den Nazis zu retten aber er war sich im Klaren darüber, dass es keine leichte Aufgabe sein würde und dass man das Ziel nur dann erreichen würde, wenn man bereit wäre, alles zu geben. Er wird immer wieder mit einem Zitat aus seiner Amtsantrittsrede in Verbindung gebracht: „I have nothing to offer but blood, toil, tears and sweat“.

Das ist die Kraft der Vision: etwas zu haben, das durchhalten und Opfer bringen lässt.

Deshalb ist es gefährlich, Gott um eine Vision zu bitten. Vision ist das Ende der Gemütlichkeit und markiert den Anfang eines Weges. Dieser Weg wird persönliche Opfer fordern. Für manche, wie z.B. Martin Luther King bedeutete die Vision, ihr Leben niederzulegen für das, wofür sie kämpften.
Es war dasselbe mit Jesus, der sein Leben gab um seine Vision zu verwirklichen: die Vision, dass es allen Menschen möglich sein würde mit Gott in enger und intimer Gemeinschaft zu leben.

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4 Kommentare

  1. Es ist echt krass, das zu lesen.
    Du schreibst hier keine Version, sondern über Vision, aber es berührt mich so stark.
    Es ist genau das: „Es gibt nichts, wofür es sich mehr lohnt zu leben als dafür.“

  2. habe ich mich irgendwo vertippt und „version“ geschrieben statt „vision“? das wäre blöd….

  3. Nein, das war ein Tippfehler von mir, da sollte bei mir auch Vision stehen. Ich meinte, das du hier keine Vision weitergibst, und es aber trotzdem so stark rüberkommt. Vermutlich hast du eine starke Vision für die ganzen Sachen die du schreibst, deswegen geht es auch immer so tief.

    Danke für deinen Dienst!

  4. dann ist ja alles klar. freut mich, wenn es stark rüberkommt und „brennt“. so soll es sein!

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