31. Dezember 2007 6

Markus 8,14-21

Die Jünger hatten vergessen, bei der Abfahrt Brote mitzunehmen; nur ein einziges hatten sie dabei.
Und er warnte sie: Gebt acht, hütet euch vor dem Sauerteig der Pharisäer und dem Sauerteig des Herodes!
Sie aber machten sich Gedanken, weil sie kein Brot bei sich hatten.
Als er das merkte, sagte er zu ihnen: Was macht ihr euch darüber Gedanken, daß ihr kein Brot habt? Begreift und versteht ihr immer noch nicht? Ist denn euer Herz verstockt?
Habt ihr denn keine Augen, um zu sehen, und keine Ohren, um zu hören? Erinnert ihr euch nicht:
Als ich die fünf Brote für die Fünftausend brach, wie viele Körbe voll Brotstücke habt ihr da aufgesammelt? Sie antworteten ihm: Zwölf.
Und als ich die sieben Brote für die Viertausend brach, wie viele Körbe voll habt ihr da aufgesammelt? Sie antworteten: Sieben.
Da sagte er zu ihnen: Versteht ihr immer noch nicht? (Markus 8,14-21 nach der Einheitsübersetzung)

parallel: Matthäus 16,5-12 | Lukas 12,1

Die Jünger hatten vergessen ein zu kaufen und als Jesus ihnen dann geistliche Zusammenhänge erklären wollte, dachten sie, dass er mit ihnen schimpfen wollte weil sie nicht genug Brot mitgenommen hatten.
Warum sagte Jesus nicht einfach, was er meinte? Warum fragte er sie nach den Wundern der Essensvermehrungen, die sie erlebt hatten? Ich glaube, weil er wollte, dass sie verstehen, dass ein Mangel den sie in der sichtbaren Welt hatten nie das eigentliche Problem sein kann. Wenn sie aus den Geschichten der Speisung der 4.000 und 5.000 gelernt hätten, dann wüssten sie, dass ein Laib Brot allemal reichen kann für dreizehn Gläubige.
Jesus ging es nicht um eine Mahlzeit, er redete von geistlicher Speise, der Sauerteig, von dem er sprach waren Lehren, die das Denken der Gläubigen durchsetzen konnten.

Der Sauerteig der Pharisäer ist leicht auszulegen. Es handelt sich um Gesetzlichkeit. Die Pharisäer waren dafür bekannt, dass sie dem Buchstaben des Gesetzes minutiös folgten, darüber aber den Geist des Gesetzes verpassten. Ihr ganzes Bibelstudium und alle Mühe die sie auf das Befolgen der Schriften legten brachte sie Gott nicht näher. Ihre Auslegung des Wortes war so nah am Buchstaben, dass sie dem was Gott eigentlich sagen wollten permanent Gewalt antaten.
Manche Theologen unterscheiden genau zwischen rhema und logos, zwei griechischen Worten, die beide mit „Wort“ übersetzt werden können. Dabei ist logos Gottes Zeit und Raum übergreifendes Wort, das in der Bibel niedergelegt und offenbart ist. Das Wort, an dem sich in Ewigkeit nichts ändert. Rhema ist hingegen das Wort, das direkt in eine Situation hineinspricht und uns durchs Herz geht (Apostelgeschichte 2,37). Das Wort wird erst lebendig wenn logos zum rhema wird.
Gesetzlichkeit ist ein so falscher Umgang mit dem Wort, dass es nicht mehr möglich ist dass logos zu rhema wird und Gottes Wort das tut, wozu es gesandt ist. Es kommt nie darauf an einfach das Wort umzusetzen weil es so geschrieben steht. Es geht darum, dass uns Christus im Wort begegnet und wir aus Liebe zu ihm das tun, was er uns aufträgt. Alles andere widerspricht zutiefst dem Grundgedanken göttlicher Offenbarung.
Später sollte der Apostel Paulus schreiben, dass der Buchstabe tötet, der Geist aber lebendig macht (2.Korinther 3,6). Das ist genau das Problem, einem Buchstaben zu folgen ohne dem Geist dahinter zu gehorchen kann alles zerstören.

Der Sauerteig der Sadduzäer ist schon schwieriger zu verstehen. Die Sadduzäer sind weniger oft beschrieben als die Pharisäer, scheinbar hatte Jesus weniger Ärger mit ihnen. Bei den Sadduzäern handelte es sich, ebenso wie bei den Pharisäern, um eine jüdische Sekte. Sie waren zahlenmäßig kleiner als die Pharisäer, hatten aber mehr politischen Einfluss und stellten den Hohenpriester. Das Neue Testament zeigt, dass sie nicht an die Auferstehung der Toten glaubten, eine Theologie die Jesus in Matthäus 22 als falsch entlarvt. Politisch waren sie Kollaborateure die sich nicht scheuten mit der römischen Besatzungsmacht zusammenzuarbeiten wenn sich dadurch Vorteile für sie ergaben.
Die Sadduzäer sind typische Weltmenschen, die keine Hoffnung im Jenseits haben und deswegen alles aus diesem Leben herausholen müssen was irgendwie geht. Die Warnung Jesu gilt also einer übertriebenen Diesseitsorientierung. Wer nur für diese Welt lebt und keinen Anker in Gottes Reich hat, der wird nie dahin kommen, dass Jesus und Gottes Wort seine Nummer eins im Leben sind. Eine der Grundtatsachen des christlichen Glaubens ist, dass Gottes Welt unserer Welt überlegen ist. Sein Reich ist nicht nur unser Auftrag sondern auch unser Heimatland. Wir sind nicht in erster Linie für diese Welt geschaffen und sollten deshalb aufpassen wenn diese Welt unseren Hauptfokus darstellt.

Neben diesen wichtigen Warnungen zeigt uns die Stelle wie Lehre wirkt: sie wirkt wie Sauerteig. Wer einmal Brot gebacken hat weiss, dass ein wenig Sauerteig unter viel anderem Teig reicht um den ganzen Teig zu durchsäuern. Er weiss aber auch, dass es eine Weile dauert, bis das passiert ist. Manchmal muss man den Teig einige Stunden abgedeckt stehen lassen, bis der Sauerteig alles durchsäuert hat.
Genauso reicht eine Lehre um den ganzen Menschen und seinen Glauben zu durchdringen. Aber sie braucht dazu Zeit. Viele Christen stellen sich die Veränderung des Denkens zu einfach vor und sie rechnen einfach nicht damit, dass sie einiges an Zeit investieren müssen in der die Lehre „zieht“. Dieses Prinzip gilt für gefährliche Lehren wie den Sauerteig der Pharisäer und Sadduzäer ebenso wie für gute Lehre über Gottes Reich, Heilung, Versorgung, das Evangelium usw. Es dauert Zeit bis diese Lehren in unserem Leben volle Wirksamkeit zeigen.

Be Sociable, Share!

5 Kommentare

  1. An solchen Stellen kommt es einem manchmal vor wie ein Drahtseilakt mit der „richtigen Lehre“ – insofern es diese überhaupt gibt – deswegen aber auch die Anführungszeichen.

    Glücklicherweise aber kann Jesus ja nachwürzen und sogar entwürzen wenn man sich mal selbst versalzen hat 😉

  2. Die richtige Lehre gibt es bestimmt und das ist die Lehre, die direkt aus der göttlichen Wahrheit kommt. Aber wir erkennen nur stückweise (1. Kor. 13,9) und da ist das Problem. Und jeder erkennt andere Stücke und läuft vielleicht auch Gefahr, sein Stück zu stark zu betonen, weil er die anderen Stücke nicht kennt.
    Aber das ist keine Gefahr für den Glauben, höchstens eine Gefahr für den Zusammenhalt. Wir müssen die Puzzleteile zusammen bauen.
    Aber solange wir den selben Grund haben (Christus), bleiben wir trotzdem im Geiste verbunden, auch wenn wir unterschiedliche Teile der Wahrheit erkennen können.

    Aber der Sauerteig ist so gesehen etwas anderes. Das sind Stücke, die da nicht hingehören, sondern von aussen reingetragen werden und den ganzen Glauben zerstören können. Das zerstört unsere Verbundenheit zu Gott. Einmal durch Heuchelei, andererseits auch durch eine weltliche Gesinnung. Irgendwie find‘ ich es manchmal ziemlich hart, auf beiden Fronten gleichzeitig zu kämpfen. Denn um auf der einen Seite stärker Widerstand leisten zu können, zieht man seine „Truppen“ gerne von der anderen Front ab und verliert dort wieder an Boden.

    Zu den Saddzuäern:
    Ich dachte immer, das wäre sowas wie der Klerus, also der geistliche Adel bei den Juden gewesen und die Pharisäer von Wesen her eher eine Laienbewegung.

  3. eine laienbewegung waren die pharisäer nicht. sie scheinen aber wirklich sozial etwas unter den sadduzäern gestanden zu haben. was aber hauptsächlich an deren haltung zu den römern gelegen haben wird.

  4. Danke für die Erklärung der griechischen Worte: logos und rhema!!

  5. Danke für die Erklärung der griechischen Worte:
    logos und rhema!!

Ein Pingback

  1. […] im Markusevangelium sprach Jesus von dem gefährlichen Sauerteig der Pharisäer und Sadduzäer (Markus 8,14-21). Der Jüngling entwickelte bereits eine gesunde Skepsis gegenüber dem dem Sauerteig der […]

Schreibe einen Kommentar

Diese HTML-Tags und Attribute sind erlaubt: <a href="" title=""> <abbr title=""> <acronym title=""> <b> <blockquote cite=""> <cite> <code> <del datetime=""> <em> <i> <q cite=""> <s> <strike> <strong>