John Wimber zitierte in einer Predigt mal einen Freund, dessen Namen ich vergessen habe. Sinngemäss sagte er, dass man die Reformation als eines der grössten Geschenke an den Leib Jesu sehen kann – und als eine der grössten Katastrophen, die ihm je passiert sind.
Sicher war die Reformation notwendig, das Heil in Christus, der Glaube und das Wort mussten betont werden, da führte kein Weg dran vorbei. Aber das Ziel Gottes war nicht die Spaltung seiner Kirche sondern ihre Erfrischung. Im Negativen hat die Reformation ebenso grosse Akzente gesetzt wie im Positiven, seither sind Spaltungen normal bis dahin dass jetzt Gemeinden eher ausserhalb der kirchlichen Sphäre gegründet werden als innerhalb „Refomation“ zu versuchen.
Es gab mindestens eine grosse Kirchenspaltung vor der Reformation, die Abspaltung der orthodoxen von der katholischen Kirche. Schon die Wortwahl „orthodox“ (rechtgläubig) zeigt etwas vom Geist der Spaltung: man geht weil die anderen nicht mehr als rechtgläubig gesehen werden. Letztlich nicht selten aus Stolz (ich bin besser) und Resignation (ich kann euch nicht ändern).

Nun bin ich selber Spalter. Ich halte den Anspruch „Reformator“ zu sein für grotesk. Es gibt keine Reformationsbewegung mehr, weder in Deutschland noch in der Welt. Die Voraussetzungen stimmen 2006 einfach nicht mehr, es gibt nicht mehr DEN verfassten Leib Christi, den man verändern könnte. Die weltweite Gemeinde ist zerrissen in tausend und eine Splittergruppe, alles zu ändern oder anders einzufärben ist unmöglich. Was die etablierten Gemeinden angeht so bin ich ein Kind der Resignation und das bereits bevor ich auch nur anfangen konnte. Systeme sind nicht änderbar und wenn, dann von innen. Sobald Reformatoren von aussen kommen bringen sie nur mehr Spaltung und keine Reformation. Insgesamt ist mein Urteil, dass man keine Gemeinde von aussen ändern kann und dass das auch nicht wünschenswert ist. Ich fand früher die Versuche FeGs charismatisch zu unterwandern, im Geist Pastoren abzusetzen usw. immer sehr daneben. Das tut man einfach nicht, die anderen Gemeinden haben ein Recht auf ihren Stil – auch wenn es ein Frömmigkeitsstil ist, den ich persönlich nicht gut finde.

Ich glaube, dass Gott uns Christen beruft die Gesellschaft um uns herum zu ändern indem wir Menschen retten und Gemeinden bauen, die zu den geretteten Menschen passen. Sicher wird es Dienste geben, die einen Auftrag an die christliche Szene haben, aber auch das sehe ich nicht als Reformation sondern als ein Angebot an wenige interessierte Gemeinden.
Unser Basisauftrag ist Matthäus am Letzten:

Darum geht zu allen Völkern, und macht alle Menschen zu meinen Jüngern; tauft sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes, und lehrt sie, alles zu befolgen, was ich euch geboten habe. Seid gewiß: Ich bin bei euch alle Tage bis zum Ende der Welt.

Vieles vom reformatorischen Sendungsbewusstsein der Christen ist in Wahrheit nur eine Ablenkung von dieser Grundwahrheit. Während unsere Kräfte in sinnlosen Bruderkämpfen gebunden sind gehen Menschen verloren. Das darf nicht sein! Das Bild, das wir abgeben ist ein trauriges: jeder versucht jeden zu missionieren, reformieren und zu bekehen; die einen versuchen immer noch die Rockmusik aus den Gemeinden zu kriegen; die nächsten kämpfen gegen die VOLXBIBEL, die dritten verteidigen sie motivert. Einer schreibt Bücher gegen die Zungerede während der nächste nationale Gebetskreise organisiert um Gemeinden für das Wirken des Heiligen Geistes zu öffnen… Von oben betrachtet mag es so aussehen: auf der Insel der Frommen rennt man umeinander und schlägt unter dem Mantel der längst überfälligen Reformation mit Bibeln aufeinander ein, während drumherum die Welt sich kopfschüttelnd abwendet.
So wird Reformation zur Deformation des Leibes.
Es gibt nur ein Mittel dagegen. Paradoxerweise ist das einzige was wir tun können, den Leib wieder in den Blick zu bekommen und allen andersdenkenden und-glaubenden Christen mit unbedingtem Wohlwollen zu begegnen. Vielleicht sollten wir eine Weile die Bibeln und Glaubensbekenntnisse zuhause lassen wenn wir anderen Christen begegnen und in Demut erkennen, dass im anderen derselbe Christus lebt wie in uns. Wir leben in einer Zeit in der das Denken in Dämonisationen, sorry Denominationen, zunehmend verschwindet – eine enorme Chance für Einheit! Wir hören auf den Leib zu deformieren wenn wir Epheser 4,4-6 verstehen:
Ein Leib und ein Geist, wie euch durch eure Berufung auch eine gemeinsame Hoffnung gegeben ist; ein Herr, ein Glaube, eine Taufe, ein Gott und Vater aller, der über allem und durch alles und in allem ist.

Der Feind ist nicht die falsche oder mangelnde Erkenntnis der anderen. Der Teufel ist der Feind, der immer die Brüder verklagen wird (Offb 12,10), dass sie nicht heilig, gesalbt, klug, orthodox usw. sind und unserer Hilfe bedürfen um auf unser Niveau angehoben zu werden.

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14 Kommentare

  1. Amen, Bruder.

    Ich habe mir vor ein paar Wochen zu ähnlichen Themen Gedanken gemacht: http://hufi.blogspot.com/2006/02/der-weg.html

  2. unbedingtes wohlwollen – das ist tatsächlich eine wesentliche grundhaltung in der begegnung mit christen anderer frömmigkeit. allerdings denke ich nicht, dass man in der begegnung seine eigenen „glaubensbekenntnisse“ unbedingt zu hause lassen sollte. vielmehr wäre es wünschenswert einander eben von der eigenen „tradition“, vom eigenen „frömmigkeits-stil“ zu *erzählen. meist ergeben sich die „bruderkämpfe“ ja nur, weil man nicht wirklich was vom anderen weiss/versteht.

    eine frage am rande: ist der leib christi gleichzusetzen mit einer organisierten übergreifenden struktur? – nur weil du sagtest, es gäbe nicht mehr DEN verfassten leib christi. (hat es den historisch gegeben?)

  3. Ich denke trotzdem, dass der „Trend“ wieder in die Kirchen zurückführt.

    http://www.jesus.ch/index.php/D/article/55-Christentum_und_andere_Religionen/29004-Wie_das_Christkind_Buddha_besiegte/

    In der Quintessenz ist doch bei der Eigenreligion-Bastelei Marke Toleranz nichts rausgekommen. Die Menschen, die ich kenne oder kennengelernt habe, die sich zum Beispiel Buddhisten nennen, haben ein oder zwei Statuen in der Wohnung oder im Büro…machen etwas, das Sie meditieren nennen und fahren ansonsten im Porsche zum nächsten Geschäft. Erleuchtung auf dem Selbsterfahrungstrip. EGOmanie ganz legal.
    Aber so richtig vertiefen will man sich da nicht, denn dann wirds unbequem.

    Über dieses ganze New-Age Revival, wo dann irgendwas geglaubt wird sage ich nun mal nichts. Ich habe mir mal den Spass gemacht und in verschiedenen Glaubens-Foren einfach nur die Beiträge gelesen….oje oje.
    (Leider schneidet das Jesus Freaks Forum auch nicht gerade gut ab)

    Die Kirche hats einfach versemmelt. Vollkommen. Während andere Religionen sich stumm den Schatz der christlichen Mystik einverleibt haben und unsere Gesellschaft ohnehin im Trend des stummen Tolerierens aus Angst (…ja wovor eigentlich ?) alles passieren lässt. Andere schreiben Bücher, die einfach Lebensnah die Leute ansprechen (nur leider Buddhistisch sind …. a la Pema Chödrön) sitzen die christlichen Gemeinden gefangen in Ihrer eigenen Borniertheit bei der immer leerer werdenden Sonntagspredigt und lauschen dem ewig gleichen Salmon unterbrochen von ein paar Liedchen. Das ist eine peinliche Rama-Scheinwelt.

    Die Message des Christentums, so wie ich sie immer wieder erlebt habe war: Lasst uns einen kurzen Moment schweigen und beten. Jesus macht das schon. Irgendwie soll man nichts tun, denn Jesus macht alles. Die absolut PEINLICHEN Auftritte diverser Kichenvertreter zu den Themen Jakob Metzler, den Folterskandalen entbehren dem gesunden Menschenverstand, der geprägt von der Leistungsgesellschaft nicht einfach nur abwarten kann. Dieses ewige „Wir dürfen ausser der Bibel nichts glauben, dieses ständige Jesus rettet uns“ ist angesichts dessen, was jeden Tag passiert unglaubwürdig. Jesus würde sich schämen.

    Das ist genau wie mit den Buddhisten: Die Karmalehre. Es mag ja cool sein, diese Matrix-Neo-Erwachen Haltung zu fahren und ein bisschen Tee und Räucherstäbchen zwischen dem Golfspielen und Business….aber fragt so einen Typen mal, was Buddha sagen würde, wenn das Kind seines besten Freundes vergewaltigt und danach oder dabei erdrosselt wird : Das Kind und seine Eltern arbeiten Ihr schlechtes Karma ab. WAS ?
    Aber das ist ein ganz anderes Thema.

    Das Christentum war schon immer eine kämpferische Religion (nein ich meine keine Kreuzzüge) mit einem Missionsauftrag (nein, ich meine nicht Terrorauftrag) aber erliegt einer Ohnmacht, die man fast nur noch mit Hilflosigkeit darstellen könnte.

    Die charismatischen/Pfingstgemeinden mit dem ganzen Zungengerede und Handauflegen….mann…das ist wie bei Deutschland sucht den Superstar, da ist auf einmal jeder heilig und kann zaubern. Massenhysterie und noch schlimmer.

    Es muss etwas getan werden. Ein Christ muss endlich mit dieser Welt arbeiten und Vorbild sein und nicht fromm quatschen und dabei mit gefalteten Händen warten. Sich Kritik offen stellen und nicht alles abtun.
    Nicht jedem Recht geben, eben endlich einmal DIFFEREZIEREN. Wann fängt dieses ganze Land endlich wieder an zu differenzieren.

    Die Botschaft Jesu muss man nicht irgendwie verschörkeln. Aber man muss Sie auch nicht verwässern, dass sie jedem schmeckt. NUR…und daran sieht man wieder die Heuchelei…warum rennen die Leute jetzt wieder in die katholische Kirche ? Weil Sie der Ritus, der Prunk, das Latein reizt. So ähnlich wie mit den Räucherstäbchen.

    Was können die evangelischen Kirchen denn anbieten ? Eine nuschelnde Pfarrerin, die mit piepsiger Stimme bei einer Beerdigung eine Show fährt, während der zu spät kommende, ungepfelgte Organist sich dreimal verspielt ?

    Ist Jesus DAFÜR gestorben ? Sind die Apostel dafür gestorben ? Was haben die Menschen, die Kirchen denn aus dem Christentum gemacht ?

    Sie haben es im Namen der politischen Korrektheit verkauft. Auf die Apokalypse warten und ein bisschen beten ? Das ist ne schwache Vorstellung. Die Welt aufrütteln, indem man sie bombt ? Noch schwächer.

    Wo ist denn das Salz der Erde ? Was macht es denn aus ? Was soll ich denn genau tun ? Wie lebe ich denn als Christ ? Wie kann ich denn beten ? Was tue ich gegen diese innere Unruhe ? Was bedeutet es denn still zu sein ? Wie genau sind die 10 gebote zu verstehen ? Wie beurteile ich andere Religionen ? Können denn alle Tibeter falsch liegen ?Wer war Jesus ? Existiert Gott ? Ist Gott Jesus ? Wie ist der Heilsplan genau ?

    Das sind Fragen, die sich Christen schon immer gefallen lassen mussten. Aber es gab einmal eine Zeit, in der Sie die Antworten nicht jedem Recht machen wollten. Und in dieser Zeit haben Sie auch das gelebt, was sie geglaubt haben. Notfalls auch ohne Kirche.

    Es wird viel zu viel zerredet und diskutiert.

    Wann wird wieder etwas getan ?

  4. grüss dich kassian,

    sicher gibt es einen Leib christi, der über die grenzen der ‚organisierten‘ christenheit hinausgeht. gerade der ist ja die grundlage für einheit. in diesem wird es unerlässlich sein, dass wir einander profiliert begegnen. in diesem sinne ist das bekenntnis immer mitzubringen!

    by the way: willkommen hier!

  5. Hi Storch,
    hab unter Gedanken mal einige Gedanken bzw. Fragen zu dem Thema notiert.
    P.S: Unterstützt dein Blog eigentlich Trackbacks? Hätte das ganze lieber über ne Trackback URL verknüpft.

  6. willkommen f.b.,
    eigentlich klappen trackbacks. komisch…

  7. Na, alter Spalter!
    Also ich hab es schon zwölfhundertzwounddreißmillionen mal gesagt und werde es, bis es mir jemand das Gegenteil beweisen kann, immer wieder sagen. Die diversen Spaltungen bringen mehr Elend als Frieden und sind für mich Sünde. Ein Akt der ganz klar gegen den Willen Gottes und die Weisung Jesu ist. Das bedeutet nicht, dass ich die einzelnen Frömmigkeitsformen oder Traditionen abschaffen oder vereinheitlichen will. Es geht darum, dass ich lerne auch das Anderssein meiner Geschwister zu akzeptiere und ernst nehme und wenn es sein muss, auch ihre Irrtümer mit zu tragen. Es ist so einfach seine begrenzten Vorstellungen über die Wirklichkeit als das Richtige vorauszusetzten und alles andere für Mumpitz zu halten. Das gilt übrigens auch für die Gotteserfahrungen und Heilsvorstellungen meiner Chefin, die praktizierende Buddistin ist. LG Sabine

  8. mir fällt dazu nur ein: Danke, Amen dazu !!!!!

  9. ein bissel spät, hab es erst heute gelesen und dann ist mir dieser tread wieder eingefallen, deshalb schreib ich es noch hin :

    “ An der Wiege der freikirchlichen Gemeinden, steht die Bahre der amtskirlichen Glaubenspraxis “
    ( Peter Stiegnitz )

  10. woher hast du immer diese schönen zitate, andichrist?

  11. ja, woher hab ich die ? ich habe mir einfach mal angwöhnt, über zitate zu lernen, seit dem kann ich mir die dinger einigermassen gut merken. bei irgendwelchen stichworten fallen mir die dann einfach wieder ein, oder umgekehrt, ich lese eins und dann fällt mir was ein, was ich mal gelesen habe und dazu passt.
    das zitat des heutigen tages :
    happy birthday alter schwede !!! von familie van brakel

  12. http://www.zitate.de
    schaut hier mal rein, vielleicht hat es noch eins oder zwei die keinem grad so in den sinn kommt…. 🙂

  13. Sorry, Storch da hab ich dir Unrecht getan. Ich glaube das Trackback-Problem lag auf meiner Seite. Hab heute etwas an dem Server rumgeschraubt, und plötzlich kam der Trackback bei dir an. Na ja besser spät als nie.

  14. jo, schön, dass es klappt!

4 Pingbacks

  1. […] Angeregt von einem Artikel von storchs Blog möchte ich hier mal auch einige Gedanken loswerden. Ich bin ja in der evangelischen sächsischen Landeskirche groß geworden. Und dort hatte ich das Privileg eine Junge Gemeinde zu leiten. Und wie es das Recht der Jugend ist, wollten wir alles besser machen. Die Gemeinde war uns nicht geistlich genug und so. und so machten wir unsere eigenen Erfahrungen, bis dazu daß wir mal am Samstag 13 Stunden mit dem Wochenendticket nach Lüdenscheid gefahren sind, dort nen 5 Stunden Gottesdienst besucht haben, und am Sonntag wieder 13 Stunden zurückgefahren sind. Alles in allem waren das zwar wertvolle Erfahrungen, die ich nicht missen möchte und die mein geistliches Leben bis heute prägen, aber ich bin Gott extrem dankbar das er in den Kirchenvorstand meiner damaligen Gemeinde einige weise alte Leute gesetzt hat, die unser ungestümes und zum Teil intolerantes Verhalten in Liebe getragen haben. Sie erkannten, daß unsere Absichten geprägt waren, Gott zu dienen, unser Herz bzw. Verstand aber noch nicht die Erfahrung hatten richtig damit umzugehen. […]

  2. […] aller Dinge zu erheben und alles und jeden immer reformieren zu wollen. Oft entsteht eher eine Deformation als eine Reformation daraus. Gegenseitiger Respekt ist genauso wichtig wie sich selbst nicht […]

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