20. Januar 2006 7

ist glaube ein ort?

I now pray until I come into a place of faith for that situation.:“(Johnson, Bill: When Heaven invades Earth, Shippensburg 2003, Seite66)“:
der satz beschäftigt mich, weil er ziemlich genau meine eigene erfahrung wiedergibt. mir kommt es so vor, dass ich glauben betrete. in der bibel klingt es auch so: „Der Gerechte aber wird aus Glauben leben“ (Hebräer 10,38), aus (grch. evk)Glauben, klingt, als wäre Glaube ein Ort von dem aus man lebt. die griechische präposition unterstützt diese auslegung (nach allem, was ich gelesen habe). das gleiche in vielen stellen, in denen von einem leben im geist (evn pneu,mati) die rede ist.
das problem ist, dass eine solche denke in unserer sprache fast unmöglich ist. wir sind so in „dinglichkeitsmetaphern“, dass uns glaube als ort undenkbar ist. für uns ist glaube ein „ding“, etwas was man hat und verlieren kann.

deshalb habe ich eine frage an die unter uns, die gut griechisch und hebräisch können. ich habe einmal irgendwo gehört, dass sich die juden gottes herrlichkeit als einen raum vorstellen, den man betreten kann. ist in griechisch und hebräisch, oder einer der sprachen, eine ortsmetaphorik angelegt, die darauf schliessen liesse, dass man sich glauben und geist tatsächlich als orte vorstellen kann? wie gesagt, von der spirituellen erfahrung her macht es sinn, jedenfalls mehr als eine ungewollte vorstellung von „dingen“.

ein wandel vom ding zum raum hätte immense konsequenzen. man würde den glauben verlassen können um wieder einzutreten, ihn aber nicht besitzen und verlieren. gebet wäre auf einen beziehungsraum mit gott hin ausgerichtet, man käme in etwas hinein statt etwas zu haben. die ganze dinglichkeitsmetaphorik kommt mir im spirituellen bereich ungeheuer fragwürdig vor. vielleicht kann das mit ein grund sein, warum wir uns in diesem land so schwer damit tun, in die dinge gottes zu kommen, weil wir sie permanent besitzen wollen?

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7 Kommentare

  1. Interessant hierzu finde ich Joh. 4. Jesus und die samaritische Frau am Brunnen diskutieren über die Lokalität, an der Anbetung zu verorten ist. nach geographischen Lokalitäten bringt Jesus die „Lokalität“ – „in geist und Wahrheit“ ein. Wenn es richtig ist, in jüdischer Tradition Wahrhewit, alks „Wirklichkeit Gottes“ zu vertsehen und in den Kontext der Lokalitäten- Diskussion“ stellt, so wird Glaube und Anbetung auf einmal zu einer Frage der „Lokalität“. Würde ich ähnlich vertsehen, wie das Verständnis von Gleuben als einen Ort.

  2. hi josha,
    kann es sein, dass du mir gesagt hast, dass die juden sich die shekinah als einen raum gedaht haben, den man betritt?
    bin leider nicht ganz sicher…

  3. hi storch,

    es gibt eine menge stellen, die hierher gehören. alles, was mit „zugang“, „hineintreten“ usw. zu tun hat. in römer 5,2 ist „gnade“ so ein ort. hebräer 10,19-22 fordert uns auf, in den ort hinter dem vorhang einzutreten (hat das nicht was mit shekhinah zu tun?). auch epheser 2,18 und 3,12 gehören dahin.

    in diesen zusammenhang passen meines erachtens auch aussagen wie, dass wir „in himmlische örter“ versetzt sind. wobei ich unter ort nicht so sehr eine abgegrenzte lokalität verstehe, sondern das himmlische „paralleluniversum“, einerseits fern, andererseits total nah. die klassische theologie hat mehr betont, dass wir (im schauen) noch nicht dort sind und dieser ort zukünftig sei. gegenwärtig gibt es weltweit eine wachsende betonung dahingehend, dass christen (im geist) schon dort sind und jetzt entdecken müssen, wie diese geistliche realität zur bewussten erfahrung wird. das ganze geht weit über die glaubensthematik hinaus.

    vom glauben selbst ist mir keine stelle bewusst, die ihm diesen örtlichen charakter zuschreibt. ich kenn mehr die aussagen, dass glaube die haltung und das mittel ist, mit dem wir in den geistlichen ort gehen. rein erfahrungsgemäß käme das vielleicht auf das gleiche hinaus. aber exakte begrifflichkeit magst du ja auch.

    das war´s auf die schnelle. gäbe sicher noch ein paar gedanken. aber ich muss gleich los in die power hour. da will ich mit anderen erleben, was ich eben kurz kommentiert habe.

  4. so, da bin ich wieder nach der power hour. ich mach noch fortsetzung von vorhin.

    ich glaube, dieses erkennen, dass es einen geistlichen ort / raum / bereich gibt, in den wir eintreten, lässt auf einmal viele biblische aussagen in einem ganz neuen licht erkennen. nimm hebräer 4,16: wir sollen hinzutreten zum thron der gnade. normalerweise wird das einfach als eine metapher verstanden für das gebet zu einem gott, der erstens herrscht und zweitens gnädigt ist. so denke ich nicht mehr. gottes gnadenthron ist sein „gnadenstuhl“ (so die alte luther, wenn ich mich recht erinnnere) im allerheiligsten, dem raum der shekhinah. unser geist kann real da hineintreten. (ich glaube, hier wird die trichotomie wirklich wichtig. es geht nicht nur um die unterscheidung zwischen niederem und höherem in uns, sondern der geist hat die fähigkeit, in einen raum einzutreten, der nicht von dieser welt ist.)

    auch kolosser 3,1-3 gehört in diesen zusammenhang. wir sollen suchen was „droben“ (räumlicher begriff) ist. dazu sollen wir über das nachdenken, was droben ist. das eintreten in den ort / raum des glaubens und des geistes und der herrlichkeit wird vorbereitet dadurch, dass wir über diesen ort nachsinnen (vers 2) = uns mit den biblischen aussagen befassen, die diesen ort beschreiben (z.b. theophanien) und uns vorstellen, was da alles ist. dann kommen wir in eine vertrautheit mit diesem ort; was in uns diesem ort wesensverwandt ist, gewinnt die oberhand; und es wird immer einfacher, in den heavenly mode umzuschalten und real vor ort zu sein.

    soweit der nachschlag zu vorhin.

  5. Stoch, du bist nicht fern vom Reich Gottes

  6. du merkst schon, dass dieses thema mich motiviert vorfindet. deshalb noch ein bisschen denkfutter. was glauben angeht, gibt´s doch stellen, die ich auch in diesen zusammenhang einordnen würde (das ek tes pisteos überzeugt mich noch nicht ganz). aber: 1.korinther 16,13 und mehr noch 2.korinther 13,5 (weil es in analogie zu dem christos en hymin steht) beschreiben die pistis als einen ort. (andere vorkommen von en te pistei kommen mir dagegen eher modal, instrumental oder metaphorisch vor).

    in den evangelien gibt es in bezug auf das reich gottes aussagen, die sich meines erachtens auch am plausibelsten lesen, wenn man den „örtlichen“ charakter dieses reiches schlicht versteht: es ist „nahe“, und man kann „hineindringen“. das nur metaphorisch zu verstehen, wäre mir zu abstrakt.

    ansonsten noch kurz ein gedanke zum ding-thema. wenn du gerade in frage stellst, ob glaube als „ding“ wirklich ein adäquates verständnis ist, würde ich ergänzen: wir treiben die dingliche vorstellung an einigen stellen zu weit, an anderen nicht weit genug. da, wo geistliche sachen einen dingaspekt haben, man sie also besitzen kann (zum beispiel „frieden“, der auf jemanden kommen, zu einem anderen zurückkehren, fließen, gegeben werden usw. kann), stellen wir dieses ding eher als abstraktes ding vor. doch spätestens seit unsereins mit der „tangible anointing“ bestimmter geisterfahrungen in kontakt gekommen ist, sollte nachvollziehbar sein, dass diese „dinge“ wirklich substanz haben (wenn auch himmlische). es gibt eine coole predigt von john g lake (der interessanteste denker der frühen pfingstbewegung, den ich entdeckt habe) mit dem titel „the ministry of the spirit“, in der er sich darüber auslässt, wie wichtig es ist, „geist“ als „substanz“ zu erkennen. auch hier ist mir die trichotomie wieder wichtig. wir sind sozusagen eine schnittstelle zwischen geistlicher und irdischer welt, weil wir beiden angehören. unser geist ist von himmlischer substanz und kann direkt himmlisches empfangen, kann es an die seele und den körper weiterreichen (die von irdischer substanz sind), die es dann in der irdischen welt zur wirkung bringen. ganz praktisch zum beispiel beim handauflegen, wenn es nicht nur ein symbolischer akt ist, sondern dabei echte kraft von uns ausgeht.

  7. interessante gedanken. ich bin mit dem thema noch nicht ganz durch. es fühlt sich halt an wie ein ort, aber ich will auch nicht meine erfahrung in die schrift hineininterpretieren…

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